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Karl der Große.
Je länger, desto mehr wuchs die Zahl der Klöster. Verfolgte und Be—
drückte fanden dort sichere Zuflucht. Lernbegierige suchten Bücher und Unter—
weisung, Beängstigte Frieden. Von den Klöstern gingen damals die meisten
der Glaubensboten aus. In ihnen waren auch die einzigen Schulen, und
mancher tüchtige Knabe armer Eltern, der sonst wohl zeitlebens mit den
Schafen auf dem Anger umhergezogen wäre, ist dort zu einem beredten Lehrer
oder treuen Bischof der Kirche gebildet worden. Mönche haben auch besonders
in Deutschland die dichten Wälder ausgerodet und den Boden urbar gemacht,
so daß das Volk durch sie an die mildere Lebensweise des geselligen Ackerbaues
gewöhnt ward. — Da war es denn nicht zu verwundern, wenn die Klöster
bald von allen Seiten beschenlt wurden, und wenn Fürsten und Herren neue
Klöster als Pflanzstätten des Glaubens und der Bildung bauten.
Aber wie der Geist der Welt leicht wieder eine Hinterthür findet, wenn
die Wachsamkeit versaumt wird, so geschah es auch hier. Die Handarbeiten
kamen durch die reichen Schenkungen allgemach ab. Die Frömmigkeit erkaltete
im Wohlleben. Allerlei schnöde Sünden stellten sich mit dem Müßiggange
ein. Die alte Zucht ward nicht mehr in ihrer Strenge gehandhabt. Gottes—
furcht war in manchen Klöstern nur noch dem äußeren Scheine nach vorhanden.
Die Mönche suchten oft mehr, was des Bauches, als was Gottes war.
i. Karl der Große.
1. Im uralten Münster zu Aachen steht ein schlichter Grahstein.
Darauf sind die Worte zu lesen: „Karl dem Großen.“ Karl beherrschte von
768 bis 814 das große Frankenreich. Dis hatte nach und nach seine Gren—
zen über das heutige Frankreich, über Deutschlaud bis zur Elbe, über
goltland, die Schweiz, einen Teil von Italien, Spanien und Ungarn
ausgedehnt.
In seiner Lebensweise war er ein schlichter Mann und ging einfach einher
wie die übrigen seines Vvolkes. Er trug einen leinenen Wams und eben solche Bein—
kleider, einen Rock von einheimischem Tuch und bisweilen einen kurzen, weißen
oder grünen Mankel. Aber stels hiug ihm ein großes Schwert mit goldenem Wehr-
gehäng an der Seitt. Uunr an Reichstagen und hohen Sesten erschien er in voller
Majeslãt mit einer goldenen, von Diamanten strahlenden Krone auf dem Hauptt,
angelhan mit einem lang herabwallenden Talare, der mit goldenen Bienen wie
übersät war.
Er war ein echt dentscher Mann, maß 5 seiner eigenen Fußlängen, und seine
Gestall war von hoher Würde. Seine überaus lebendigen Angen leuchleten dem
Freunde und dem Hilfeslehenden freundlich, dem Feinde aber furchthar. Er war der
bheste Fechter und Schwimmer unter seinen Franken, im Essen und Trinken nüchtern,
dabei unermũdlich thätig. Sein Schlaf war kurz, selbst des UNachts stand exr von
seinem Lager auf, belete oder nahm Schreibtafel und Griffel, um sich in der
Schreibekunst zu üben, die er in seiner Zugend nicht erlernt hatlke. Auch stellte er
sich dann ans Senster und betrachtete chrfurchtsvoll und mit Bewunderung den ge
stirnten Himmel. Früh, während des Aukleidens schon, schlichtete er Streiligkeiten, und
bei Tische hatle er den Brauch eingeführt, ans guten Büchern vorlesen zu lassen.