Frankreich und Paris.
241
Janz Europa. Seine Fabrikate erfreuen sich durch Geschmack und Gediegen—
heit des glänzendsten Rufes. Daß bei solchen Grundbedingungen und der
günstigen Lage des Landes (an drei Meeresteilen und mit troßdem breiter
Landgrenze) der Handel Frankreichs großartige Entwicklung gewinnen
mußte, ist natürlich. In der Tat steht er nur demjenigen Englands, der
Vereinigten Staaten von Nordamerika und Deutschlands nach und ist in
fortdauerndem Aufblühen begriffen. Die weit überwiegende Mehrzahl der
Einw ohner ist römisch-katholisch. Die Volksbildung ist in Frankreich noch
sehr zurück (4 der Bevölkerung ist des Lesens und Schreibens unkundig);
nur in den großen Städten wird in dieser Beziehung besser gesorgt.
2. Paris (21 Millionen Einwohner), die Hauptstadt von Frankreich,
zu beiden Seiten der Seine (pr. ßähn), ist gewissermaßen das Gehirn von
Frankreich. Der älteste Teil von Paris mit der Kathedrale Notre Dame
spr. nottr dam) liegt auf der größeren Seine-Insel. Die an Stelle ehe—
maliger Wälle und Gräben errichteten Boulevards (spr. buhlwahr) sind die
Hauptadern des Pariser Lebens. Großartige Bauten, reiche Verkaufshallen,
Theater, Kaffeehäuser ziehen sich in langen, glänzenden Reihen dahin; feine
Wagen folgen einander ohne Ende, und das Getümmel und Gewühl der
Menge dauert bis über die Mitternachtsstunde hinaus. Die äußern Boule—
vards, welche die alten Vorstädte von den neuen, in die Umwallung von
Paris gezognen Vorstädten trennen, sind weniger lebhaft als die innern.
Lüngs der Seine-Ufer ziehen sich die prachtvollen Uferstraßen hin, und zahl—
reiche Brücken vermitteln den Verkehr über den Fluß. Unterhalb der Alt—
stadt, auf der rechten Seite der Seine, befindet sich Palast an Palast: hier
der Louvre (spr. luhwr) mit seinen großartigen Kunstsammlungen, das Palais
Rohal (pr. paläh roajal) mit prachtvollen Läden, in denen der Luxus der
Welt zur Schau liegt, das Stadthaus, das in den verschiedenen Revolutionen
in Paris stets eine wichtige Rolle gespielt hat. Der größte öffentliche Platz
von Paris ist das Marsfeld. Auf ihm finden die großen Ausstellungen statt;
hier erhebt sich das zur Zeit höchste Bauwerk der Erde, der 300 m hohe
eiserne Eiffelturm.
Wie Paris der Sitz der höchsten politischen Körperschaften des französischen
Staates ist, so umschließt es auch die höchsten wissenschaftlichen und Kunst—
Anstalten von Frankreich. Alles, was in diesem großen Lande Geist und
Gaben hat oder zu haben glaubt, drängt nach Paris, wo die Hilfsquellen
der gesamten gebildeten Welt vereinigt sind. Mit Recht ist Frankreich stolz
auf seine Hauptstadt, und der Bewohner der „Provinz“ findet es begreiflich,
daß dem Pariser schon als solchem ein gewisser Vorzug gebühre.
Paris ist die erste Fabrik- und Handelsstadt Frankreichs, ein Haupt—
eldplaß Europas. Nach allen Richtungen hin laufen von ihm Eisenbahnen
d. Hirts Deutsches Lesebuch. Ausg. B. V.
16