Full text: Lesebuch für die Oberstufe (Teil 4, [Schülerband])

7. Nach der Arbeit. 
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ins Haus kam, schliefen die Fliegen an der Wand; der Koch in der Küche 
hielt noch die Hand, als wolle er den Jungen anpacken, und die Magd 
saß vor dem schwarzen Huhn, das gerupft werden sollte. Da ging er 
weiter und sah den ganzen Hofstaat daliegen und schlafen, und oben bei 
dem Throne lagen der König und die Königin. Da ging er noch weiter, 
und alles war so still, daß er seinen Atem hören konnte, und endlich kam 
er zu dem Turme und öffnete die Tür zu der kleinen Stube, in welcher 
Dornröschen schlief. Da lag es und war so schön, daß er die Augen 
nicht abwenden konnte, und er gab ihm einen Kuß. Wie er ihm den Kuß 
gegeben hatte, schlug Dornröschen die Augen auf, erwachte und sah ihn 
freundlich an. Da gingen sie zusammen hinab, und der König erwachte 
und die Königin und der ganze Hofstaat und sahen einander mit großen 
Augen an. Und die Pferde im Hofe standen auf und rüttelten sich; die 
Jagdhunde sprangen und wedelten; die Tauben auf dem Dache zogen 
das Köpfchen unter dem Flügel hervor, sahen umher und flogen ins Feld; 
die Fliegen an den Wänden krochen weiter; das Feuer in der Küche er— 
hob sich, flackerte und kochte das Essen, und der Braten schmorte fort; 
der Koch gab dem Jungen eine Ohrfeige, daß er schrie; und die Magd 
rupfte das Huhn fertig. Und da wurde die Hochzeit des Königssohnes 
mit dem Dornröschen in aller Pracht gefeiert, und sie lebten vergnügt 
bis an ihr Ende. Brüder Grimm. 
58. Das Riesenspielzeug. 
Im Elsaß auf der Burg Nideck waren die Ritter vorzeiten 
grohe Riesen. Einmal ging das Riesenfrãäulein hinab ins Tal und 
wollte sehen, wie es da unten wãre. Sie kam bis nach Haslach 
auf ein Ackersfeld, das gerade von dem Bauer bestellt ward. Sie 
blieb vor Verwunderung stehen und schaute den Pflug, die Pferde 
und die Leute an, denn das alles war ihr neu. „Ei,“ sprach sie 
und ging herzu, „das nehme ich mir mit.“ Da kniete sie nieder 
zur Erde, breitete ihre Schürze aus, strich mit der Hand uber das 
Feld, fing alles zusammen und tat es hinein. Nun ging sie ganz 
vergnügt nach Hause, den Felsen hinaufspringend; wo der Berg so 
jãh ist, daß ein Mensch mũühsam llettern muß, da tat sie einen 
Schritt und war droben. 
Der Ritter sas gerade am Tische, als sie eintrat. „Ei, mein 
Kind,“ sprach er, „was bringst du da? Die Freude schaut dir ja 
aus den Augen heraus.“ Sie machte geschwind ihre Schürze auf 
und lieb ihn hineinsehen. „Was hast du so Zappeliges darin?“ — 
„Ei, Vater, gar zu artiges Spielzeugl So was Schöõnes habe ich mein
	        
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