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Wer Hader denkt zu spinnen,
bleibt von der Thüre fort.
Es ist so eine Stille
im Hause allerwärts; —
und diese ganze Fülle
von Frieden schafft ein Herz.
38. Von Rleidern.
B. Auerhach.
Wenn du einen Fleeck an deinem Kleide oder irgendwo
einen Riss hast, denkst du oft: „Pah, das siebt man nieht, und
die Leute haben anderes zu thun, als immer alles an mir aus-
zumustern.“ Du gehbst dann frank und frei umber, und es kann
oft sein, du hast reeht; es sieht niemand den Mecek und den
Riss. Wenn du aber etwas Schönes auf dem Leibe hast, sei
es ein schönes Halstueh oder ein frisches Hemd mit weilser
Brust oder gar eine goldene Nadel und dergleichen, da gehst du
ott mit herausfordeèrndem Blieke hinaus und sehlägst die Augen
nieder, um es nieht zu bemerken, wie alle Leute, was sio
in Händen haben, stehen und liegen lassen und gar nichts thun,
als deine Herrlichkeiten betrachten. — So meinst du; aber das
ist auch gefehlt. Kein Bliek wendet sieh nach dĩr und deiner
Pracht. Das eine Mal meinst du, man sieht deh gar nicht,
und das anders Mal, die ganze Welt hat auf dieb gewartet, um
dieb zu beschauen; aber beĩdes ist gelehlt.
Gerade so ist's aueh mit deinen Tugenden und Lastern.
Wenn du einen bösen Weg gebst, meinst du, es kennt
dieh kein Mensehb, und keiner Jieht sieb naeh dir um, und es
ist stockdunkel; wenn du aber dem Rechtschaffenen nachgebst,
podest du dir oft ein, jeder Pslasterstein hat Augen, jedes Kind
beunnt dièb und deine Gedanken, und tausend Sonnen scheinen.
Aer das Gute wie das Schlimme wird oft von der Welt uber-
sehen. Din Auge nur sieht alles, das ist Gottes.
Darum halto dieh selber vor deinem Gotte über dir und
deinem Gewissen in dir in Ehren! Dann brauehst du nieht
as eine Mal zu furehten, dass dieh alles sieht, und dir dabeĩ
twas vorzulügen, und das andere Mal zu zürnen, dass dich nie-
mand siebt.
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