Full text: [Oberklassen, [Schülerband]] (Oberklassen, [Schülerband])

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Tore fragt, wo er still halten soll, erkundigte er sich endlich 
bei den Kindern, so gut er sich verständlich machen konnte, 
wo denn der Vetter wohne, und erfuhr von thuen, so gut 
er sie verstehen konnte: „Wir wissen's nicht." — Wie er 
denn heiße? „Wir wissen's auch nicht." — Wie denn ihr 
Geschlechtsname sei? „Charles." Der geneigte Leser will 
schon wieder etwas merken, und wenn's der Hausfreund für 
sich zu tun hatte, so wäre der Herr Charles der Vetter. 
Die Kinder wären versorgt und die Erzählung hätte ein 
Ende. Allein die Wahrheit ist oft sinniger wie die Er¬ 
dichtung. Nein, der Herr Charles ist der Vetter nicht, son¬ 
dern dieses Namens ein anderer, und bis aus diese Stunde 
weiß noch niemand, wie der wahre Vetter eigentlich heißt, 
nicht, ob und wo in Petersburg er wohnt. Also fuhr der 
arme Mann in großer Verlegenheit zwei Tage lang in der 
Stadt herum und hatte Französlein feil. Aber niemand 
Nwllte ihn fragen: „Wie teuer das Pärlein?", und der Herr 
Charles begehrte sie nicht einmal geschenkt und war noch 
nicht willens, eines zu behalten. Als aber ein Wort das 
andere gab und ihm der Pole schlicht und menschlich ihr 
Schicksal und seine Not erzählte, „eins," dachte er, „will ich 
ihm abnehmen," und es fühlte sich immer wärmer in seinem 
Busen; „ich will ihm zwei abnehmen," dachte er, und als 
sich endlich die Kinder an ihn schmiegten, meinend, er sei 
der Vetter, und ansingen, auf französisch zu weinen — denn 
der geneigte Leser wird auch schon bemerkt haben, daß die 
französischen Kinder anders weinen •— und als Herr Charles 
die Landesart erkannte, da rührte Gott sein Herz an, daß 
ihm ward wie einem Vater, wenn er die eigenen Kinder 
weinen und klagen sicht, und „in Gottes Namen," sagte 
er, „wenn's so ist, so will ich nüch nicht entziehen" und 
nahm die Kinder an. „Setzt euch ein wenig nieder," 
sagte er zu dem Polen, „ich will euch ein Süpplein kochen 
lassen." 
Der Pole, mit gutem Appetit und leichtem Herzen, aß 
die Suppe und legte den Lössel weg; — er legte den Löffel 
weg und blieb sitzen; — er stand auf und blieb stehen. 
„Seid so gut," sagte er endlich, „und fertigt mich jetzt ab; 
der Weg nach Wilna ist weit. Aus fünfhundert Rubel hat 
die Frau mit mir akkordiert." Da fuhr es doch dem milden 
Menschen, dem Herrn Charles, über das Gesicht wie der 
Schatten einer fliegenden Frühlingswolke über die sonnen-
	        
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