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2. Morgen stille.
Noch einmal umhüllt die Nacht mit ihrem düsteren
Schleier die weite Welt und Schlaf und Schweigen ruhen
auf der Flur. Nur das Büchlein rauscht unaufhaltsam dahin;
eine Welle küßt die andere, daß sie alle wach und bereit
sind, den Morgensegeu zu beten in ihrer Weise. Dann eilen
sie rascher dem Walde zu; die Bäume schütteln die Nacht¬
ruhe aus ihren Zweigen und neigen sich leise zum freund¬
lichen Gruße. Da plötzlich stimmt die Nachtigall den Früh¬
psalm an. Das Echo wird laut, trügt den süßen Hall von
Busch zu Busch und erweckt die Vvglein, die noch schliefen,
und die Lerche, die zum Himmel steigt, den Morgenstern zu
grüßen. Rosig, wie das Antlitz eines blühenden Kindes,
erglüht der Himmel; sein Auge wird klar und ein Strahl
seines Lichtes dringt in die Tiefen, daß die Schatten weichen
und die Nebel fliehen. Die Morgensonne tritt hervor aus
goldumsäumter Wolke; glührote Pfeile zucken auf und nieder
und wecken Tauesblitze, wenn sie dahinfahren durch duftige
Wiesen. Dann erhebt sich das Gras; die Blumen richten
sich empor und schauen mit Dankestrünen im Auge ins
holde Sonuenangesicht. Jetzt ist die ganze Schöpfung wach;
nur der Mensch ruht noch in den Armen des Schlummers.
Endlich öffnet sich hier ein Fenster, dort eine Tür — die
Morgenglocke hallt durchs Dörflein; ein Ruf nach oben und
der Beter faltet die Hände und sein Mund stammelt:
Gott, du bist die Liebe! (Hcmr. E«ahl.)
3. Morgcngeliet.
Verschwunden ist die finstre Nacht;
Die Lerche schlägt; der Tag erwacht;
Die Sonne kommt mit Prangen
Am Himmel aufgegangen.
Sie scheint in Königs Prunkgemach;
Sic scheinet durch des Bettlers Dach,
Und was in Nacht verborgen war,
Das macht sie kund und offenbar.
Lob sei dem Herrn und Dank gebracht,
Der über diesem Haus gewacht
Mit seinen heil'gen Scharen,
Uns gnädig zu bewahren!
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