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72. Der gute Knecht.
Der Gutsbesitzer Vormann hatte einen braven
Knecht, und dass dieser brav war, erfubr er zuerst
dureh eine Cleine Tatsache, an die sich später viele
andere reibten.
Der Knecht hatte nichts davon gewulst, dals ein
Auge ihn sah, als er sich bray benahm, und das sind
die besten Taten, die so geschehen; sie werden nur
selten ausserlich belobhnt; aber sie haben doch einen
guten Zahlmeister, der immer bare Münze hat, und
das ist der geheime Kabinettsrat im Herzen, und wer
den bei sich richtig angestellt weils, dom äkann es
einerlei sein, wie er selbst und wie andere in der
Woelt betitelt werden.
Es war ein heisser Mittag, als der Knecht Konrad
mit seinen Pferden vom Ackern heimgekommen war.
Die beiden Pforde wurden gefüttert und abgeschirrt;
denn jecder, wer es wissen vwill, weils, dass auch ein
Tier nicht zur rechten Rube Kommt, so lange es das
Geschirr auf dem Leibe hat; aber manche wollen es
nieht wissen um sich dé Mühe des Ab- und Auf—
schirrens zu ersparen. Das tat aber Vormanns Kon—
rad nicht und es kann wohl sein, dass ihm selber
darum aueh das Essen drin am Gesindetisch um so
besser schmechkto.
Der Streit ist noch unentschieden, welche Pfeife
am besten schmeckt, ob die nach der Morgensuppe,
die nach dem Mittagessen oder dié am Peierabend.
Unser Konrad liebte sie alle gleich und er gebörte
noch nicht zu den Zigarrenrauchern; er liels sich's
nicht verdriessen, seine Pfeifeé zu reinigen und darauf
achtzugeben, damit er Genuss davon habe, während
man die Zigarren nur anzũndet, raucht und dann den
Rest wegwirft.
Es war ein eigenes Behagen, mit dem sieh Kon—
rad nach dem Mitfagessen auf den Stein an der Stall-
tür setzte, mit einêm gesunden Strohhalme seinem
Pfeifonrohre Luft machte, den Wassersack ebenfalls
sauberte, vahrend er einstweilen den runden Pfeifen—
kopf auf den Sims des kleinen Stallfkensterchens ge—
legt hatte. Als er jetzt nach dem Pfeifenkopf griff,