Full text: Lesebuch für die Oberklassen der Volksschulen

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es so lange läute. Doch niemand wußte Bescheid darauf 
und die Neugierde ward immer größer Auch der König, 
der in derselben Stadt seine Residen, hatte, erkundigte sich, 
wer gestorben sei, konnte aber keine Auskunst erhalten. Da 
schickte er einen Läufer zum Kirchenvater und ließ ihn fragen, 
für wenn es so lange Scheidung geläutet habe. Sprach der 
Kirchenvater: „Für die Gerechtigkeit“ Der Läufer eille in 
dieser Antwort zum König zurück. Als dieser solches hörte, 
ward er rot vor Zorn und rief: „Die Gerechtigkeit ist nicht 
gestorben. Sie schläft nur und ich will iht neues Leben 
einhauchen.“ Dann ließ er den Kirchenvater holen und ng 
ihn, wer die große Glocke für die verstorbene Gerechtigkeit 
habe läuten lassen. Sprach dieser? „Eure Majeflät, der 
Schauferle Hans, der früher Schauferlebauer war MNs⸗ 
der König dies erfahren hatte, ließ er allsogleich den Schauferle 
Hans herheiholen und fragte ihn, warum er die Glocke habe 
läuten lassen. Da erzählte Hans, wie er des Grafen wegen 
von Haus und Hof gekommen sei, weill die Gerechtigkeit nicht 
mehr lebe. Der König war über die Richter sehr ergrimmt, 
machte kurzen Prozeß und gab dem Bauern san Eigentum 
zurück. Dann ließ er den Grafen, den pfiffigen Adbokaten 
und die bestochenen Richter rufen, die Sache untersuchen und 
verurteilte alle zum Tode. Sie wurden in Gestalt emner 
Glocke aufgehüngt und in ihrer Mite zappelte der Graf. 
Seitdem aber kam die Gerechligkeit wieder zu leben und die 
Richter sprachen Recht, wie es sich geziemt. 
(Mündlich bei Reutte aus Kinder- und Hausmärchen Süddeutschlands 
von Ign. und Jos. Zingerle) 
130. Andreas Hofer. 
Zu Mantua in Banden 
Der treue Hofer war; 
In Mantua zum Tode 
Führt' ihn der Feinde Schar. 
Es blutete der Brüder Herz 
Ganz Deutschland, achl in Shmach 
und Schmerz, 
Mit ihm das Land Tirbl. 
Die Hände auf dem Rücken, 
Der Sandwirt Hofer ging 
Mit ruhig festen Schritten; 
Ihm schien der Tod gering, 
Der Tod, den er so manches Mal 
Vom Iselberg geschickt ins Tal 
Im heil'gen Land Tirol. 
Lesebuch für Oberklassen. * 
Doch als aus Kerkergittern 
Im festen Mantua 
Die treuen Waffenbrüder 
Die Händ' er sirecken sah, 
Da rief er laut: „Gott sei mi euch, 
Mit dem verratnen Deutschen 
Reich 
Und mit dem Land Tirol!“ 
Dem Tambour will der Wirbel 
VNicht unterm Schlegel vor, 
Als nun der Saundwirt Hofer 
Schritt durch das finstre Tor. 
Der Sandwirt, noch in Banden frei 
Dort stand er fest auf der Bastei, 
Der Mann vom Land Tirol! 
8. 13
	        
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