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Platz in ihrer Totenkapelle anzuweisen, wo diese durch die
Külte eintrocknen und sich so vollständig erhalten, daß Ver—
unglückte hier noch nach Jahren von ihren Angehbrigen
erkannt werden. Die Pflege der Verirrten wie die Bewu—
tung der einkehrenden Reisenden geschieht unentgeltlich und
nur die Vermögenden legen bei dem Abschiede eine Gabe in
den Armenstock.
132. Der Bär.
In einem großen Teile der schweizerischen Hochgebirge
ist heutzutage der Landbär noch ein ständiges, wenn auch
ziemlich seltenes Raubtier.
Man unterscheidet drei verschiedene Arten: den großen
schwarzen, den großen grauen und den kleinen braunen
Bergbaͤren. Auch in Tirol sind die Bären noch keine ganz
seltene Erscheinung geworden. Jährlich werden ein Dußend und
mehr erlegt.
Die Zottelbären sind eigentlich ziemlich gutmütige Tiere,
namentlich die schwarzen, die sich mehr von Pflanzenstoffen
als von Fleisch nähren. Den Winter über schlafen sie mehr
als im Sommer und liegen in ihren Höhlen, oft in ein—
fachen Steinklüften, oft in Nestern, die aus Reisig und
Moos gebaut und von außen zugestopft sind. Bei hoher
Kälte schlafen sie dann vielleicht etliche Tage umunterbrochen
fort ohne zu erstarren; indessen muß sie bald der Hunger
wecken, der sich endlich doch einstellen wird, wenn auch die
Bären in den herberen Wintermonaten weniger freffen als
sonst. Sie kommen dann hervor und fressen mit großem
Behagen junges, fettes Gras, junges Winterkorn, Gemuse,
Wurzeln, Vogelbeeren, Staudenfrüchte, sonst auch besonders
Erdbeeren und Honig. Um zu Birnen und Trauben zu
gelangen gehen die Bären im Herbst oft viele Stunden
weit in die Täler hinunter und kehren immer vor Tages⸗
anbruch wieder zu ihrem Aufenthaltsorte zurück.
Ungereizt und ohne vom Hunger gequält zu sein
greift der große schwarze Bär weder Menschen noch Vieh
an eher der braune, der manche Ziegenherde versprengt und
absichllich in die Abgründe jagt, in denen er dann das lot
gefallene Vieh verzehrt. Man versichert mit Bestimmtheit,
der schwarze Bär sei so friedlich, daß er einem edbeen
suchenden Mädchen traulich die Beeren aus dem Korbe
geholt habe ohne das Kind zu verletzen, daß er sich über—