Full text: [Teil 3 = Kl. 7, [Schülerband]] (Teil 3 = Kl. 7, [Schülerband])

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39. Eulenspiegel in Hamberg. Von ^ermann ScbaffTtein. 
Till Eulenspiegel. Ausgewählt und neu übersetzt. Schaffsteins Volksbücher. 3. Bd. 
2. Auflage. Cöln o. J. 8. 39. 
ulenspiegel kam einst nach Bamberg und war sehr 
hungrig. Er kam da in einer Wirtin Haus, die hieß 
Frau König. Die war eine sröhliche Wirtin und hieß 
ihn willkommen sein, denn sie sah an seinen Kleidern, 
daß er ein seltsamer Gast war. Als man nun des 
Morgens essen wollte, sragte ihn die Wirtin, ob er an 
der Wirtstasel sitzen oder ob er nur bestimmte Speisen essen wolle. 
Eulenspiegel antwortete, er wäre nur ein armer Geselle, sie solle ihm 
etwas um Gotteslohn zu essen geben. Die Wirtin sagte: „Freund, in 
den Fleisch- und Brotbänken gibt man mir nichts umsonst, ich muß 
Geld dafür geben. Darum muß ich auch Geld haben für das Essen." 
Eulenspiegel entgegnete: „Ach, Frau, das gefällt mir auch wohl, um 
Geld zu essen; für wieviel soll ich essen und trinken?" Die Frau ant¬ 
wortete: „An der Herren Tisch für vierundzwanzig Pfennig, an dem 
nächsten Tisch daneben für achtzehn Pfennig und mit meinem Gesinde 
für zwölf Pfennig." Darauf antwortete Eulenspiegel: „Frau, das 
meiste Geld gefällt mir am allerbesten," setzte sich an der Herren Tisch 
und aß sich recht satt. 
Als er wohl gegessen und getrunken hatte, sagte er zu der Wirtin, 
sie solle ihn abfertigen, er müsse reisen, denn er hätte nicht viel Zehrung. 
„Lieber Gast," sagte die Frau, „bezahlt das gleich, vierundzwanzig Pfennig, 
und geht hin in Gottes Namen!" „Nein," sprach Eulenspiegel, „Ihr 
sollt mir vierundzwanzig geben, wie Ihr gesagt habt; denn Ihr sagtet, 
an dem Tische äße man das Mahl um vierundzwanzig Pfennig. Das 
habe ich so verstanden, daß ich damit Geld verdienen sollte, denn es 
ward mir schwer genug. Ich aß, daß mir der Schweiß ausbrach. 
Wenn es Leib und Leben gegolten hätte, ich hätte nicht mehr essen 
können. Darum gebt mir meinen sauer verdienten Lohn!" „Freund," 
sagte die Wirtin, „das ist wahr, Ihr habt für drei gegessen; daß ich 
Euch das aber auch noch lohnen soll, das reimt sich gar nicht. Doch 
mag es mit dieser Mahlzeit sein Bewenden haben, Ihr möget damit 
hingehen; aber ich gebe kein Geld dazu, das wäre verlorenes Bemühen. 
Ich begehre auch kein Geld von Euch; nur kommt mir nicht wieder her! 
Denn sollte ich meine Gäste das Jahr über also speisen, so müßte ich 
von Haus und Hof gehen." Da schied Eulenspiegel von dannen und 
verdiente nicht viel Dankes.
	        
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