Full text: Lesebuch für die Oberklassen der Volksschulen

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Himmel und Wasser. Wir meinen, die Dämmerung ver— 
herge uns noch die fernen Küsten; doch es wird heller und 
heller und nitgends zeigt sich ein Fleckchen Land den ge— 
spannten Blicken. Im Osten strahlt feurigrot der Himmel; 
aber nicht hinter Bergen — wie wir es don den Fenstern 
unserer Heünat aus sahen — aus dem Wasser auf steigt 
die Sonne und ihre ersten Strahlen schlagen einen Feuer— 
weg auf dem Meere bis zu unserem Schiffe; Nebelmassen 
heben sich aus dem Meere und verhüllen unsere Aussicht. 
Da denkl sich unsere Einbildung, wir führen auf einem 
Strome, und nicht weit neben uns müßten die Ufer sich 
hinziehen. Wir möchten die Nebelschleier niederreißen um nur 
wieder am Anblicke des Landes uns zu laben und können 
es kaum erwarten, bis die Sonne die Nebel zerteilt hat. 
Ja, die Nebel werden wohl dünner und dünner und unsere 
Blicke schweifen wieder bis zum weiten Horizonte; aber 
nirgends zeigt sich eine Spur von dem geträumten Lande; 
immer wieder ist nichts als ein unabsehbares Wassermeer 
um uns ausgebreitet. 
So vergeht uns der zweite Tag und die zweite Nacht; 
aber auch der dritte und vierte Tag, sie bringen uns nichts 
anderes als Himmel und Wasser. Der Anblick fängt an, 
uns zur Gewohnheit zu werden. So vergeht eine Woche 
und schon siebenmal 24 Stunden hat uns das Schiff im 
unaufgehaltenen Laufe weitergetragen. Es vergeht eine 
i Woche und noch immer ist der Weg über den Atlantischen 
zean, der Europa von Amerika trennt, nicht zurückgelegt. 
Kannst du dir nun denken, wie unermeßlich groß das ganze 
Weltmeer sein muß? Aug. Berthelt.) 
203. Die Berlenmuschel. 
Tief im Meeresschoß verborgen 
In der schaurig grausen Vacht, 
Wo das Ungellüm der Fluten 
Wo der Haifisch lauernd wacht, 
Hängt die graue Muschelschale 
An der steilen Felsenwand 
Und der kühne Taucher holet 
Dort sie mit geschickter Hand. 
Grau und schlammig, ohne 
Schimmer, 
Grüßet sie das Tageslicht; 
Meint man doch, die schlechte 
Muschel 
Lohn' so viel Gefahren nicht. 
Aber sieh! in ihrer Mitte, 
O, wie schimmert's da so rein! 
O, wie glänzt da Perl' an Perle, 
Holder noch als Edelstein! 
Hoher Reichtum ruht verborgen 
Dort in wundersamer Pracht, 
Daß so eine einz'ge Muschel 
Bat den Taucher reich gemacht. 
(Braun.)
	        
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