176
Denksprũche.
121.
Gut verloren, nichts verloren;
Mut verloren, halb verloren;
Ehre verloren, alles verloren.
2
3.
Festen Mut in sehweren Leiden!
Hilfe, wo die Unschuld weint!
Ewigkeit gesehbwornen Eiden!
Wabhrheit gegen Freund und Peind!
Nichtswürdig ist die Nation, die nicht
ihr alles freudig letzt an ihre Ehre.
Pr. v. Sehiller.
125
Der Schneider in Penla.
Der Schneider in Pensa! was ilt das für ein Männlein?
dechsundzwanzig Geslellen in der Werkstatt jahraus jabrein,
Arbeit genug und doch kein Geld — aber einen froben,
heitern dinn, ein Gemüt, treu und költlich wie Gold und mitten
in Rubland deutsehes Blut, rheinländische Galtfreundschaft.
Als dis Russen im Jahre 1812 bei dem Rückzuge Napoleons
viele Kriegsgefangene machten, wurden diese auf verschiedenen
Wegen weiter nach Rubland hinein abgeführt. Dine Strabe
ging auch durch Pensa, welches für fsieh allein schon mehr
als hundert Tagereilen vom Rhein entfernt ist. In Penlsa ilt
der ditz des ruffischen Statthalters. Deshalb wurden die
Kriegsgefangenen dort abgegeben und dann weiter abgetũhrt,
manche sogar bis ins tiefe, fremde Alien.
Also kamen eines Tages, mit Pranzosen untermengt, auch
sechzehn Rheinländer, badische Offiziere, die damals unter den
Fahnen Napoleons gedient hatten, über die Schlachtfelder und
Brandstatten von Puropa, ermattet, krank, mit erfrorenen Glied-
maben und sehlecht geheilten Wunden, ohne Geld, ohne Schube,
ohne Troft in Pensa an und fanden in dem unbeimischen
Lande kein Ohr mehr, das ihre Sprache verstand, kein Herz
mehr, das sich über ihre Leiden erbarmte.
Als aber einer den andern mit troftloser Miene anblickte;
„Was wird aus uns werden?“ — oder: „Wann wird der Tod
unserm Plende ein EInde machen?“ — und: „Wer wird den letzten
begraben?“ — da vernabmen lie, mitten durch das russische
Kauderwelleb, wie ein Evangelium vom Himmel unvermutet
eine Stimme: „dind keine Deutsehe da?“ — und es stand vor
ihnen eine Liebe, freundliche Gestalt. das war der Schneicer