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35. Das Köͤnigreich Preußen.
Norden senkt, haben sie eine nördliche Richtung. Die Hauptflüsse nehmen
eine Menge von Nebenflüssen auf, welche theils auf den Gebirgen und
Höhenzügen entspringen, theils aus den Mooren der Ebene Humen.
Zur Förderung der Schifffahrt sind Kanäle hergestellt, die zum Theil
durch schiffbare Nebenflüsse die größeren Ströme l einander verbinden.
Landseen finden sich in großer Menge in den Provinzen an der Ostsee.
Die meisten Einwohner Preußens leben auf dem Lande in Dörfern
und treiben Ackerbau und Viehzucht.
3. An Eisenbahnen ist Preußen, überhaupt Deutschland so reich,
daß es keinen größeren Fluß mehr giebt, der nicht seinen Nacken hätle
unter das Joch einer Brücke beugen müssen. Es giebt kein Gebirge,
durch dessen Pässe, Flußthäler oder Bergrücken nicht Schienenwege
führten. Berlin ist mit allen Hauptstädten Norde und Süud⸗Deutsch⸗
lands durch Eisenbahnen verbunden. In wenigen Stunden kann man
von da nach der Ost- und Nordsee, nach dem Rhein und dem Pregel,
nach Breslau und von da weiter nach Warschau und Wien fahren.
4. Die Mehrzahl der Bewohner Preußens sind deutscher Ab⸗
stammung. Im Norden ist die plattdeutsche Sprache vorherrschend, im
Süden wird hochdeutsch gesprochen. In Schlesien, Posen und Ost- und
Westpreußen wohnen noch viele Slaven, welche polnisch reden. Im
äußersten Osten sind die Littauer; dagegen wird im äußersten Westen
französisch und holländisch gesprochen. Im nördlichen Schleswig
aber ist die dänische Sprache noch verbreitet. Nach dem religiösen
Bekenntnisse gehören 16 Millionen Preußen der evangelischen, theils
der lutherischen, theils der reformirten Kirche an; 8 Millionen bekennen
sich zur römisch-katholischen Kirche; Million sind Juden oder ge—
hören Sekten an.
5. Das Königreich Preußen hat den Umfang, welchen es jetzt
inne hat, nur nach und nach durch die Anstrengungen und Siege seiner
Fürsten und seines Volkes erhalten. Das Stammland, aus dem der
ganze große Staat hervorgegangen, ist die Mark Brandenburg.
Der Kurfürst Johann Sigismund erhielt dazu durch Erbschaft 1609
Besitzungen am Rheine und in Westfalen (Cleve, Mark und
Ravensberg) und 1618 im fernen Osten das Herzogthum Preußen
Ostpreußen). So waren im Westen und Osten die Punkte bezeichnet,
zu denen sich später die Besitzungen erweiterten und ausdehnten. Neben
dem Rumpfe waren die mächtigen Schwingen angedeutet, welche dem
preußischen Adler wachsen sollten. Die folgenden Fürsten sorgten nun
dafür, daß diese getreunten Stücke mit einander verbunden wurden.
Der große Kurfürst (1640—1688) erweiterte den Kern des Landes,
indem er ) Hinterpommern und Cammin hinzufügte und so
seine Herrschaft bis zum Meere ausdehnte; auch brachte er M die
Bisthümer Halberstadt und Minden, sowie das Erzbisthum
Magdeburg an sich.
Friedrich I. nahm den Königstitel an und gab dem Lande den
Namen „Preußen“. Friedrich der Große erwarb in hartem