30. Handwert, Verlagssystem und Fabrikbelrieb. 125
nötige Arbeit möglichst in ihre einfachsten Elemente, trennt die schwere
von der leichten, die mechanische von der geistigen, die qualifizierte von
der rohen Arbeit. Dadurch gelangt sie zu einem System aufeinander¬
folgender Verrichtungen und wird in den Stand gesetzt, Menschenkräfte
der verschiedensten Art, geschulte und ungeschulte, Männer, Frauen und
Binder, Hand- und Kopfarbeiter, technisch, künstlerisch und kaufmännisch
gebildete, neben- und nacheinander zu beschäftigen. Die Beschränkung
jedes einzelnen auf einen kleinen Teil des Arbeitsprozesses bewirkt eine
gewaltige Steigerung der Gesamtleistung. Hundert Fabrikarbeiter leisten
in dem gleichen Produktionsverfahren mehr als hundert selbständige
Handwerksmeister, obwohl von diesen jeder das ganze Arbeitsverfahren
beherrscht, von jenen jeder nur einen kleinen Teil. Soweit der Kamps
des Handwerks mit der Fabrik auf technischem Gebiete liegt, ist er ein
Beweis, wie der Schwache den Starken überwindet, wenn er von über¬
legener Geisteskraft geführt wird.
Die Maschine ist nicht das Wesentliche bei der Fabrik; aber die
eben geschilderte Arbeilszerlegung hat, indem sie die Arbeitsleistung in
einfache Bewegungen auflöste, die Maschinenverwendung unendlich ge¬
fördert und vermannigfaltigt. Maschinen hat man seit alter Zeit im
Gewerbe beschäftigt, Arbeits- und Kraftmaschinen. Für die Fabrik
aber hat ihre Verwendung die heutige Bedeutung erst erlangt, als es
gelungen war, eine ununterbrochen gleichmäßig wirkende, überall anwend¬
bare Triebkraft, den Dampf, einzuspannen, und auch hier nur im Zu¬
sammenhang mit dem eigentümlichen Arbeitssystem der Fabrik.
Ein Beispiel mag das Gesagte verdeutlichen. Im Jahre 1787 hatte
der Kanton Zürich 34000 Handspinner und -spinnerinnen, die Baum¬
wollgarn erzeugten; nach der Einführung der englischen Spinnmaschinen
produzierten wenige Fabriken das gleiche oder ein größeres Quantum
Garn, und die. Zahl ihrer Arbeiter betrug kaum ein Drittel der vorigen.
Wie kam das? Durch die Maschinen? Aber war denn das Spinnrad
keine Maschine? Gewiß, und zwar eine sehr kunstreiche. Also war Ma¬
schine durch Maschine verdrängt worden. Oder vielmehr, was seither
die Handspinnerin mit ihrem Rade geleistet hatte, das wurde jetzt durch
die aufeinanderfolgende Arbeit einer ganzen Reihe verschiedenartiger
Arbeiter und verschiedener Maschinen geleistet. Der ganze Spinnprozeß
war in seine einfachsten Elemente zerlegt worden; es waren ganz neue
Handgriffe entstanden, zu deren Ausführung zum Teil auch unreife
Arbeitskräfte noch brauchbar waren.