Stoll: Die Erziehung römischer Kinder.
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24. Denn Schlacht und Sturm ist euch vorausgezeigt;
Das ist ja dieses starken Gottes Recht,
Der selbst in eure Mitte niedersteigt,
Zu zeugen eurer Könige Geschlecht.
25. In eurem Tempel haften wird sein Speer,
Da schlagen ihn die Feldherrn schlitternd an,
Wann sie ausfahren über Land und Meer
llnd um den Erdkreis ziehn die Siegesbahn.
26. Ihr habt vernommen, was dem Gott gefällt,
Geht hin, bereitet euch, gehorchet still!
Ihr seid das Saatkorn einer neuen Welt;
Das ist der Weihefrühling, den er will."
32. Tie Erziehung römischer Kinder.
Nach Stoll, Bilder aus dem altrömischen Leben.
Ein wichtiger Tag für das Kind war der Weihetag, der bei Knaben
am neunten, bei Mädchen am achten Tage nach der Geburt stattfand.
Es war ein Familienfest, an welchem das'Kind seinen Namen und seine
religiöse Weihe erhielt; es wurde lustriert und gegen allen Zauber geweiht.
Man brachte dabei ein Opfer im Hause der Familie und feierte den
Tag durch ein Festmahl. Da an diesem Tage das Kind gewisser¬
maßen als eigne Person ins Leben trat, so flehte man alle Schicksals¬
mächte um^Segen für dasselbe an, man trug es auch wohl in diesen
oder jenen Tempel und empfahl es der Huld der Götter. Manche hoch¬
fliegenden Wünsche wurden dabei ausgesprochen, daß der Knabe ein
Schwiegersohn eines Königs werden, daß sein Fuß nur auf Rosen
wandeln möge.
Eltern und Verwandte und selbst die Sklaven des Hauses beschenkten
an diesem Tage das Kind mit allerlei Spielsachen aus Metall, welche
dem Kinde um den Hals gebunden und „Klappern" genannt wurden.
Die Pflege und Hütung des aufwachsenden Kindes übernahm die
Mutter. Sie hatte auch neben ihrem Gatten einen sehr durchgreifenden
Einfluß auf die Erziehung der Kinder, welche durchaus dem Hause an¬
heim siel und bei dem Knaben darauf berechnet war, ihn in die derbe
Tüchtigkeit altrömischer Sitte und Denkungsart einzuführen, ihn zu einem
praktisch tüchtigen Manne für das Haus und für den Staat heranzubilden.
Darum hielt man fremde Einflüsse möglichst fern und war sehr vor¬
sichtig in der Wahl der Sklaven und Pflegerinnen, welche zur Wartung
und Bedienung nöthig waren. Sie pflegten früh in dem jungen Ge¬
müthe die Keime der Gottesfurcht,^die Ehrfurcht vor dem Gesetz und
die Liebe zum Vaterlande, erzogen ihn zu strengem Gehorsam, zur Ein¬
fachheit und Mäßigkeit, lehrten ihn bescheiden sein, anständig und züchtig
in Rede und Betragen. Die körperliche Erziehung war rauh und -hielt
alle Verweichlichung fern. Der Vater, der den aufwachsenden Sohn
auch außerhalb des Hauses, soviel er konnte, um sich hatte, ihn mitnahm
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