Full text: Lesebuch für die Mittel- und Oberstufe (Teil 2, [Schülerband])

10 7. Wunderbare Rettung von Bergleuten aus der Deutschlandgrube bei Schwientochlowih rc. 
gebaut. In der Ebene, wie in den Gebirgskreisen, kann man viele 
Leinfelder sehen. — Am Eulengebirge z. B. in LangenbielaU 
und Peilau und in der Grafschaft Glah, z. B- in Eisersdorf, 
wird auch Garn aus roher Baumwolle mit der Hand oder auf 
Maschinen gesponnen, und aus diesem werden Baumwollenzeuge gewebt- 
7. Wunderbare Rettung von Bergleuten aus der Deutschland¬ 
grube bei Schwientochlowitz in Obcrschlesien. 
Es war Freitag, den 20. Juni 1884, nachmittags 4 Uhr. Zehn Stunden 
hatten 43 Bergleute schon im dunklen Schoße der Erde ihre saure Arbeit 
gethan. Nur noch eine kurze Zeit war übrig. Dann war ihr Tagewerk voll¬ 
endet und sie durften sich im Förderschacht wieder hinauf an das Tageslicht 
winden lasien. Schon hofften sie mit einem dankenden „Glück auf!" bald die 
Sonne zu begrüßen, wie sie mit einem betenden „Glück aus!" am Morgen 
in die Tiefe gefahren waren! Da vernahmen sie plötzlich einen furchtbaren 
Donner, dazwischen ein Brausen hereindrängender Schlamm- und Wasier- 
massen. Von der Oberfläche der Erde war eine moorige Wiese mit ihrem 
Wasser und Schlamme in die Tiefe gesunken. 
Als die Bergleute in dem Schachte nach einem Wege zur Rettung 
suchten, erfolgte am nächsten Tage früh ein zweiter furchtbarer Schlamm¬ 
durchbruch, welcher nun jeden Ausweg vollständig abschnitt. Von den , 
43 Bergleuten befanden sich 7 zusammen in demselben Flötz. Sie schützten 
mit Brettern ihren Zufluchtsort. Ihre Kleider waren ganz durchnäßt und 
mit Schlamm besudelt; daher klapperten sie vor Frost. Anfangs hatten sie 
noch ein Brot. Sie teilten es brüderlich unter einander. Schon am zweiten 
und noch mehr am dritten Tage trat ein brennender Durst ein. Beim 
Scheine einer Lampe, für welche sie etwa bis Sonntag Öl hatten, fanden sie 
ein Loch, worin sich Wafler gesammelt hatte. Als der letzte Tropfen verzehrt 
war, tappte man im Finstern nach Wasser herum und fand merkwürdiger 
Weise einen alten zerdrückten Zinnkrug, welchen ein Bergmann, wer weiß 
vor wie langer Zeit, hatte liegen lasien. In ihm sammelte man die von 
oben herabsickernden Wasiertropfen, bis der Krug in der Finsternis zertreten 
wurde und nun ganz unbrauchbar war. Von da an hatten sie nichts mehr 
als Schlamm, welchen sie in den Mund nahmen, um die Qualen des Durstes 
zu lindern. In ihrem Jammer warfen sie sich hin und her, lagen, kauerten, 
knieten, standen, und legten sich wieder nieder. Fort und fort aber beteten 
sie und sangen ihre geistlichen Lieder. Dadurch stärkten sie sich im Vertrauen 
auf Gott, der Wege allerwegen hat und dem es an Mitteln nicht fehlt. So 
lange die Lampe noch brannte, schrieb man auf ein Stück Papier, das einer 
bei sich hatte, den letzten Willen und herzbewegende Grüße an Frau und 
Kinder oder Vater und Mutter, Bruder und Schwester. Diese Zeilen heftete 
man hoch an die Kohlenwand. Allmählich ermatteten die Lebensgeister. 
Der Atem wurde schwächer, der Herzschlag matter, die Gedanken unklar. Da 
ertönte von der Seite her, nach welcher hin der Hauptförderschacht lag, eine 
menschliche Stimme. Erschien der ersehnte Retter? Ach nein! In einem
	        
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