Full text: Lesebuch für die Oberklassen der Volksschulen des Regierungsbezirkes Oberfranken

23. Der Maure u. sein Gastfreund. — 204 London u. seine Bewohner. 215 
nicht, sie mubten bekennen, dab sie ihren Mann gefunden, daß 
deutscho Kraft und Tüchtigkeit über französischen Stolz den 
Sieg davongetragen hatten. Von nun an war Prankreich nicht 
mebr die ersto Macht in Europa. 
G. N. Marschall. 
203. Der Maure und sein Gastfreund. 
Zur Zeit, als die Mauren aus Spanien noch nicht vertrieben waren, 
tötete ein spanischer Edelmann einen maurischen Jüngling, mit dem er 
zufällig in Zweikampf geraten war. Von den Begleitern des Getöteten 
verfolgt, entkommt er ihnen durch die Schnelligkeit seiner Füße und 
entzieht sich ihren Blicken, indem er über die Mauer eines Gartens 
steigt. Da er hier auf den Eigentümer trifft, erzählt er ihm sein Un— 
glück und bittet um seinen Schutz, worauf jener stillschweigend einen Pfir⸗ 
sich pflückt, ihn voneinander bricht und dem Fremden die Hälfte davon 
reicht. „Wenn du diese issest,“ sagte er, „so bist du meiner Gastfreund— 
schaft und meines Schutzes gewiß.“ 
In derselben Nacht, wenige Stunden nachher, erfährt dieser Mann, 
daß der Getötete sein eigener Sohn ist. Seiner Verpflichtung eingedenk, 
bekämpft er seinen Schmerz, begibt sich zu dem Spanier, den er zu 
schützen versprochen, und sagt zu ihm: „Der Jüngling, den du getötet 
hast, war mein Sohn, der einzige Zweig meines Stammes und mein 
kostbarstes Eigentum Wenn ich die Stimme einer rechtmäßigen Rache 
hören wollte, so würdest du von meinen Händen sterben; aber ich habe 
dir mein Wort gegeben; ich habe dir Schutz versprochen. Flieh, ehe 
dich einer der Meinigen entdeckt, indem du dich des flüchtigen Rosses 
bedienst, das deiner am Tore harrt. Flieh ohne einen Äugenblick zu 
verlieren und danke dem Allmächtigen, der mir die Kraft verliehen hat 
meinen Zorn zu bekämpfen und die Zusage zu erfüllen, die ich dir ge⸗ 
geben habe!“ Fr. Jacobs Ährenlese. 
22— 
204. Condon und seine Bewohner. 
Auf beiden Seiten der Themse liegt London, die größte und volkreichste Stadt 
der Erde; denn es bedeckt einen Raum von ungeheurer Größe und zählt mehr 
als 5 Millionen Einwohner. Welches Gewühl und Leben in einer Stadt, in 
deren Hafen die Flaggen von 2000 Schiffen wehen, wo zahllose Fuhrwerke be— 
ständig die Straßen durchrollen und auf erhöhten Seitenwegen dichte Massen von 
Fußgängern wogen! Tausende stattlicher Gefährte stehen an öffentlichen Orten 
zu eiliger Beförderung bereit, obgleich Eisenbahnen die Stadt durchkreuzen und 
eine Straße, der Tunnel, sogar unter der Themse wegführt. Feenhaften Schimmer 
verbreiten die prachtvollen Auslagen, besonders die der Glaswaren und der Kleider— 
stoffe, welche, hinter große Spiegelfenster gestellt, das Auge blenden. Wie die ein— 
ladenden Obst· und Konditoreiläden und Schmuckwaren sind sie beständig von einem 
Kreise Schaulustiger umlagert oder ihre Artikel werden von Damen durchstöbert. Die 
Paulskirche ist die größte der protestantischen Christenheit, die Börse die erste der 
Welt. Die bürgerlichen Häuser aber sind klein und schmal, weil jeder Engländer 
allein wohnen will; inwendig ist aber alles höchst reinlich und bequem und Zausflur
	        
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