Full text: Deutschland im Krieg (Teil 3, Ergänzung, [Schülerband])

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Schweigen ließ den Schluß wahrscheinlich erscheinen, daß die rumänische 
Heeresleitung wirklich bereit war, die Hauptstadt ohne weiteren 
Widerstand auszuliefern. Die befohlene Erkundung sollte das Rätsel 
lösen. Kavallerie setzte sich in Bewegung. Die ihr folgenden Spitzen 
der Infanterie gaben der Artillerie durch weiße Leuchtkugeln kund, 
das Feuern vorerst zu unterlassen. Rasch wurde der Befestigungs— 
gürtel erreicht und geräumt gefunden. Ohne Aufenthalt ging es 
weiter der Stadt entgegen. Ängstlich drängten sich Flüchtlinge, die 
hier in großen Scharen lagerten, an den einziehenden Truppen vorbei. 
Man hatte ihnen erzählt, daß sie gemartert und getötet würden, 
und sie damit von der Rückkehr in ihr Heimatdorf abgeschreckt. 
Dankbar leuchteten die Gesichter auf, als man sie beruhigte. Vor 
den ersten Gebäuden meldete sich ein rumänischer Soldat mit Ge— 
wehr und voller Bewaffnung und wies den Weg in die Stadt. Ein 
berittener Gendarm bot sich gleichfalls als Begleiter an. Ehrfurchts— 
voll flogen die Mützen von den Köpfen, und man wetteiferte, als 
Führer zu dienen. In einer der Hauptstraßen, in der Calea Viktoriei, 
bot sich ein überraschendes Bild. Hier flutete das Leben wie im 
Frieden. Die Bürgersteige waren gedrängt voll. Damen gingen 
mit ihren Kindern spazieren. Die Männer eilten ihren Geschäften 
nach. Als die deutschen Uniformen so völlig unerwartet in dem 
Alltagsbild auftauchten, fuhr es wie ein jäher Blitz durch die Massen. 
Das Leben und Treiben erstarrte einen Augenblick, es war wie 
gebannt durch das neue militärische Bild, aber gewohnt, auch die 
jähe Wirklichkeit des Krieges als Schauspiel der Straße von der 
leichten Seite zu nehmen, fand es rasch seine Form wieder. Man stand, 
grüßte, gaffte und ging seines Weges weiter. Einzelne rumänische 
Offiziere, Soldaten, Gendarmen, die sich in Uniform allenthalben 
noch herumtrieben, genossen aus weiterem Hintergrund den Szenen— 
wechsel mit harmloser Neugierde; wo sie nicht ausweichen konnten, 
erwiesen sie achtungsvoll militärische Ehrenbezeugung. Die mit Waren 
in reicher Fülle beladenen Läden standen offen, ihre Besitzer hielten 
Ausschau nach den neuen Kunden. Die Caféès und Restaurants 
waren mit Menschen gedrängt voll, und die Schachspieler ließen sich 
für einen Augenblick aus ihrem Gedankenkreis aufstören. Durch 
Deutschland im Krieg. 
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