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Fünfter Zeitraum.
rieth ihm weder die Spartaner noch die Athener zu unterstützen, da¬
mit die Griechen sich unter einander aufrieben und dann desto gewis¬
ser alle zusammen die Beute der Perser würden — und gleich darauf
bot Alcibiades seine Dienste wieder den Athenern an, die mit ihrer
Flotte eben bei Samos lagen.
Denn in Athen waren wunderliche Dinge vorgefallen: der Red¬
ner Pi fand er hatte die demokratische Verfassung in eine aristokra¬
tische verwandelt, nämlich die Volksversammlungen ganz abgeschafft
und dafür zur Regierung des Staates einen Rath von 400 Mann
mit 5 Präsidenten angesetzt um den Spartanern zu schmeicheln. Als
die Athener auf der Flotte bei Samos, lauter wüthende Demokraten,
dieses hörten, erklärten sie sich selbst für Athen, nicht die Leute dort
in der Stadt, setzten ihre Generale ab und wählten zwei neue, Thra-
sybulus und Thrasyllus, entschiedene Demokraten, und Thrasy-
bulus schlug vor, sofort Alcibiades zurückzurufen. Er kam und man
ernannte ihn zum Oberanführer der athenischen Flotte. Tissaphernes
gab ihm 18 Schiffe, mit denen er an der carischen Küste Contribution
cintrieb. Unterdessen verfolgte die athenische Flotte von Samos die
spartanische und schlug im Hcllespont mit 58 Schiffen 86 feindliche
und eroberte 21. Als Alcibiades mit seinem Geschwader hinzustieß,
verloren die Spartaner in der zweiten Seeschlacht 20 Schiffe, in der
dritten wurde ihre ganze Flotte vernichtet und ihr General getödtet.
«Unser Glück ist hin — Mindarus todt — die Soldaten hungern —
wir wissen nicht, was wir thun sollen» schrieben die Spartaner lako¬
nisch an die Ephoren.
Alcibiades eroberte aber die thrazischen und kleinasi'atischen Kü¬
stenstädte, trieb Geld bei, und so mit Schätzen und Siegen ausge¬
rüstet zog er in seine Vaterstadt wieder ein. Man empfing ihn mit
Jubel, seine Verbannung wurde widerrufen und die demokratische Ver¬
fassung wieder eingeführt.
Aber das Glück der Athener war nicht von Dauer. Alcibiades
wurde wieder ausgeschickt, abgefallene Inseln zum Gehorsam zurück¬
zubringen. Vor Ändros ließ er einen Unterfeldherrn und setzte sei¬
nen Raubzug an der asiatischen Küste fort. Der Unterfeldherr bei Andres
aber griff muthwillig eine vorbeisegelnde starke spartanische Flotte an
und wurde entsetzlich geschlagen. Da hieß es wieder in Athen, Alci¬
biades sey ein leichtsinniger Anführer und er ward abermals abgesetzt
und verbannt.
Nun nähert der Krieg sich seinem Ende. Der spartanische
Feldherr Lysander lag bei Lampsacus im Hellesponte, die athe¬
nische Flotte ihm gegenüber beim Ziegenflusse (Aegospotamos).
Jeden Morgen rückten die Athener aus, verhöhnten die Spartaner
und zogen sich dann zurück, verließen sorglos die Schiffe und zer-
streueten sich auf dem Lande zum Plündern. Solches thaten sie viele
Tage.
Endlich rückte eines Abends Lysander mit vollen Segeln auf den
Ziegenfluß los. Nur ein Offizier der Athener, Ko non, war auf
seinem Posten und entfloh mit 8 Schiffen; 200 athenische Schiffe —