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Steigerung fort, die Schlangen richten sich höher auf, das Zischen wird lauter, 
die Töne der Flöte immer gellender. Zuletzt wird die Heftigkeit der Be— 
wegung so groß, daß den Zuschauern wohl unheimlich dabei zu Mute werden 
kann. Es ist nicht mehr ein gegenseitiges Nahen und Weichen sondern ein 
Anstürmen gegen einander, doch geregelt und gehalten von einem gewissen takt— 
mäßigen Zwange in den Schritten des Mannes, der ebensowohl von den 
Blicken der Tiere gebannt ist wie diese von der Musik. Jetzt bewegt er sich 
in der einen Ecke des Hofes, die Schlangen halten sich in der andern, ent— 
gegengesetzten, beide Teile wohl sechs Meter von einander entfernt. Mit 
schrillendem Flötenton schreitet der Schlangenbändiger bis in die Mitte vor, 
und mit giftigem Zischen sausen die Schlangen fast zur Manneshöhe auf 
der Spitze des Schwanzes aufgerichtet gegen ihn heran und berühren mit 
den schwarzen, nadelspitzen Zungen beinahe sein Gesicht. Dabei entwickelt 
sich an ihren Köpfen und Hälsen jene auffallende Erscheinung, um derent— 
willen der Konsul uns hauptsächlich zu dieser Schlangenschau eingeladen 
hatte. Die Haut des sonst ganz runden Halses schwillt zu beiden Seiten 
an und bildet ein paar flache, handbreite Schilder; der Kopf streckt sich 
in horizontaler Richtung auf dem senkrechten Halse weit vor, und man er— 
hält ein lebendiges Bild der Königsschlange, die unzählige Male gerade in 
dieser Gestalt als Stirnschmuck fast aller Gottheiten und Könige in den 
Tempeln und Gräbern gesehen wird. Nachdem der Tanz einige Zeit fort— 
gerast, wurden die Bewegungen schwächer; die Halsschilder verloren an Größe 
und Straffheit so wie die Schlangen an Höhe. Allmählich ließ der Spieler 
seine Melodie ersterben, und bald lagen die Tiere wieder mit den Köpfen 
am Boden; nur ein andauerndes Zischen und Pfeifen zeugte von der vorigen 
Aufregung. Beim Einpacken der noch immer züngelnden und pfeifenden 
Tiere in den Topf verfuhr der Schlangenbändiger mit der größten Vorsicht; 
er behauptete, sie hätten noch ihren gefährlichen Giftzahn, und ein Biß bringe 
unausbleiblichen Tod. Dies war gewiß nicht der Fall. Der Giftzahn ist bei 
allen abgerichteten Tieren ausgebrochen, gleichwie den Skorpionen, mit denen 
auch allerlei Künste gezeigt werden, der tödliche Stachel des Schwanzes ge— 
stumpft wird, so daß sie keinen Schaden thun können. Parlheh 
11. (15.) Die Aussicht vom Sinai. 
Der Gipfel des Sinai ragt mehr denn 2200 Meter hoch über das 
Meer und beherrscht eine Aussicht über das niedere, ebene Land und die 
Wasserfläche, die einen Umfang von 1000 Kilometer hat, während nach der 
Richtung, wo ferne Bergzüge jenseit dieses Kreises sich erheben, die Aussicht 
auf das Doppelte sich erweitert, so daß man den zackigen Umriß des furchtbar 
schönen Wüstenpanoramas, das sich hier dem Auge darbietet, nahe auf 1500 
Kilometer anschlagen darf, eine Ausdehnung, die unter dem reinen, klaren 
Himmel Arabiens in unverkürzter Deutlichkeit dasteht. 
Wohl jeder Reisende, der den Sinai besteigt und die Aussicht von 
seinem Gipfel betrachtet, wird sie als eine so außerordentliche und eigen— 
tümliche anerkennen müssen, daß er ihr keine andere auf Erden zu ver—
	        
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