369 
3 
2 
zweite Schlacht zu liefern, war völlig ungewiß. Im Verneinungsfalle wurde 
ein weiterer Rückzug gegen Antwerpen nötig, und Brüssel mußte dem Feinde 
überlassen werden. Jedoch schon um 9 Uhr morgens empfing Wellington 
von Blücher aus Wavre eine Botschaft, worin er zum neuen Angriffe 
nur soviel Zeit verlangte, als nötig sei, seinen Truppen Patronen und 
Lebensmittel auszuteilen. Hierauf zog Wellington im Laufe des Tages in 
die Stellung von Mont-Saint-Jean zurück, vorwärts von Brüssel, von dieser 
Stadt nur durch den Wald von Soignes getrennt. Hier wollte Wellington 
das Heer Napoleons zur Schlacht erwarten, so ließ er Blücher wissen, im 
Falle dieser versprechen könnte, mit zwei preußischen Heeresteilen zur Unter— 
flützung einzutreffen. Blücher antwortete, nicht mit zwei Heeresteilen nur 
sondern mit seinem ganzen Heere werde er am 18. über Saint-Lambert 
heranrücken, um an diesem Tage den Angriff Napoleons mit zu bestehen, 
oͤder ihn am folgenden Tage mit Wellington vereint selbst anzugreifen. 
Daß Wellington anfänglich den Vorschlag gemacht habe, die Preußen sollten 
hinter seinem Heere weg sich auf die Straße von Nivelles ziehen und den 
techten Flügel der Schlachtordnung bilden, gerade so wie dies ehemals der 
Kronprinz von Schweden in den Tagen vor der Schlacht bei Leipzig verlangt 
hatte, ist völlig unbegründet; seinem Sinn lag es fern, dem Mitkämpfer 
das Schwierigere oder Gefährlichere aufbürden zu wollen, seine feldherrliche 
Gesinnung war vielmehr zu jeder Verleugnung und Aufopferung bereit. 
Hierin wetteiferte mit ihm Blücher, der gleichfalls willig jedes Schwerste 
auf sich nahm und nur einzig sorgte, die Schlacht möchte verzögert, ein 
weiterer Rückzug angeordnet werden. Zwischen den beiden Feldherren wurden 
die näheren Verabredungen genommen und demnach alles für den nächsten 
Tag vorbereitet. Blücher befahl, die Truppen sollten vor ihm in Parade 
vorbeimarschieren, um Sinn und Gemüt in Übung strenger Genauigkeit und 
im Stolze kriegerischer Haltung von den Eindrücken der letzten Unfälle 
vollends zu reinigen. 
Napoleon hatte am 17. früh das Schlachtfeld von Ligny beritten, und 
nachdem er in Erwartung näherer Angaben, die seinen Entschluß bedingen 
möchten, lange gezögert, gegen Mittag den Marschall Grouchy mit den Heer— 
teilen von Vandamme und Göérard und der Reiterei der Generale Pajol 
und Excelmans, zusammen über 32000 Mann, von Ligny zur Verfolgung 
der Preußen abgesandt und wandte sich dann mit seiner Hauptstärke links 
nach Quatre-Bras, um nun auch die Engländer heftig anzugreifen. Diese 
hatten bloß eine starke Nachhut dem Marschall Ney gegenüber zurückgelassen, 
die den Feind verzögerte, doch ohne den Angriff selbst abzuwarten in der 
Richtung nach Brüssel abzog. Dahin folgte Napoleon mit allen seinen 
Truppen voll Eifer und mit größter Anstrengung. Es hatte die Nacht ge— 
regnet und regnete immerfort; der Boden war völlig durchweicht, die schwarze 
Erde löste sich in zähe Flüssigkeit auf, und mit unsäglichen Beschwerden kam 
das Heer auf der schlammigen Straße und in den alsbald unter den 
Hufen der Pferde grundlos gewordenen Getreidefeldern nur langsam fort. 
Bei Genappe hielt die englische Reiterei ernstlich stand und setzte erst
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.