58 — 
sie jedes Wort im Herzen bewegte. „Meine Tochter,“ sprach er zu ihr, 
„man läßt die Tiere wieder los. Dienerin Jesu Christi, du wirst jetzt 
den Preis deines Glaubens empfangen; o Jungfrau, oben im Himmel er— 
warten dich alle Jungfrauen mit Kronen und Siegespalmen!“ — „O mein 
Vater, in meiner Seele ist Friede und Hoffnung! Möge der wahre Gott 
sich allen denen offenbaren, die ich auf Erden am meisten liebe!“ 
Da stürzte sich ein Löwe auf die junge Christin; der Greis sah sie 
an seiner Seite zu Boden gerissen und mit den Purpurströmen ihres Blutes 
die fromme Seele enteilen. Er breitete seine Hände aus über die gläubige 
Jungfrau und rief: „Sei getauft im Namen des Vaters, des Sohnes und 
des heiligen Geistes!“ Sie vernahm noch diese Worte, lächelte und flüsterte 
mit dahinschwindender Stimme: „Wahrer Gott, ich liebe dich und glaube 
an dich!“ Es war ihre letzte Rede; denn die Tatze war schon emporgehoben, 
die ihre Brust zerriß. Grube. 
36. (43). Der Ausbruch eines Vulkans. 
Das majestätische Schauspiel des Ausbruchs eines feuerspeienden Berges 
zu schildern, ist wegen der mannigfachen Wechselerscheinungen und gleichzeitigen 
Begebnisse eine sehr schwierige Aufgabe. Eine Beschreibung wird nie im 
stande sein, den Eindruck auch nur annähernd hervorzubringen, den der An— 
blick der Erscheinung selbst verursacht. 
Geraume Zeit vor dem Eintritt eines wirklichen Ausbruchs pflegen Erd— 
erschütterungen das Herannahen eines solchen zu verkünden, besonders wenn 
der Kratergrund seit einiger Zeit sich mehr gehoben hat und aus der Trich— 
terform langsam während mehrerer Jahre anschwellend in die einer leicht 
vertieften Ebene übergegangen ist. Alsdann verraten auch schon senkrecht 
aus dem Krater aufsteigende, oberhalb in mannigfachen Wirbeln sich kräu— 
selnde Dämpfe, welche die fruchtbare Einbildungskraft der Italiener seit 
Jahrhunderten dem schlanken Wuchs der einheimischen Pinien verglichen 
hat, die bis dahin schlummernde Thätigkeit der unterirdischen Mächte deut— 
licher und geben den Anwohnenden ein mahnendes Zeichen, daß mit ihnen 
kein dauernder, „kein ewiger Bund“ zu flechten sei. Während an manchen 
Vulkanen diese Rauchsäulen, in Italien Fumarolen genannt, erst bei bevor— 
stehenden Ausbrüchen sich einstellen, anfangs leichten Wasserdünsten gleichend, 
hauchen andere Vulkane beständig solche Dunstmassen aus und verkünden 
die Nähe eines Ausbruchs höchstens durch Vermehrung ihrer Fumarole an 
Umfang und Dichtigkeit der sie bildenden Dämpfe bis zum Ansehen einer 
schweren, das Haupt des Berges umlagernden Gewitterwolke. Ehe es jedoch 
zu einer solchen Höhe der Ausbruchserscheinungen aus dem Krater selbst 
kommt, zeigen die Entwicklung des Ausbruchs andere Zeichen in seiner Nähe 
an. So vernimmt man in der Regel gleich anfangs ein eigentümliches 
Getöse, das dem Zischen verdampfenden, auf glühende Kohlen geschütteten 
Wassers gleicht, sich nach und nach bis zu dem Brausen gewaltsam aus 
engen Mündungen strömender Dämpfe steigert und später in wirkliches 
Krachen übergeht, wie wenn man fernen Kanonendonner hörte. Mit diesen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.