Full text: Mit 43 Abbildungen (Teil 1 = (2. und 3. Schuljahr), [Schülerband])

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Feuer an und geben jedem noch ein Stückchen Brot; dann gehen wir an 
unsre Arbeit und lassen sie allein. Sie finden den Weg nicht wieder 
nach Hause, und wir sind sie los.“ — ‚Nein, Frau,“ sagte der Mann, 
„das tue ich nicht; wie sollt' ich's übers Herz bringen, meine Kinder im 
Walde allein zu lassen! Die wilden Tiere würden bald kommen und sie 
zerreißen.“ — „O du Narr,“ sagte sie, „dann müssen wir alle vier 
Hungers sterben; du kannst nur die Bretter für die Särge hobeln“, und sie 
ließ ihm keine Ruhe, bis er einwilligte. „Aber die armen Kinder dauern 
mich doch“, sagte der Mann. 
Die zwei Kinder hatten vor Hunger auch nicht einschlafen können und 
hatten gehört, was die Stiefmutter zum Vater gesagt hatte. Gretel weinte 
bittere Tränen und sprach zu Hänsel: „Nun ist's um uns geschehen.“ — 
„Still, Gretel,“ sprach Hänsel, „gräme dich nicht; ich will uns schon 
helfen.“ Und als die Alten eingeschlafen waren, stand er auf, zog sein 
Röcklein an, machte die Untertür auf und schlich sich hinaus. Da schien 
der Mond ganz hell, und die weißen Kieselsteine, die vor dem Hause 
lagen, glänzten wie lauter Batzen. Hänsel bückte sich und steckte so viel 
in sein Rocktäschlein, als nur hinein wollten. Dann ging er wieder zurück, 
sprach zu Gretel: „Sei getrost, liebes Schwesterchen, und schlaf nur 
ruhig ein; Golt wird uns nicht verlassen“, und legte sich wieder in 
sein Bett. 
2. Als der Tag anbrach, noch ehe die Sonne aufgegangen war, kam 
schon die Frau und weckte die beiden Kinder: „Steht auf, ihr Faulenzer; 
wir wollen in den Wald gehen und Holz holen.“ Dann gab sie jedem 
ein Stückchen Brot und sprach: „Da habt ihr etwas für den Mittag; aber 
eßt's nicht vorher auf; weiter kriegt ihr nichts.“ Gretel nahm das Brot 
unter die Schürze, weil Hänsel die Steine in der Tasche hatte. Danach 
machten sie sich alle zusammen auf den Weg nach dem Walde. Als sie 
ein Weilchen gegangen waren, stand Hänsel still und guckte nach dem 
Hause zurück und tat das wieder und immer wieder. Der Vater sprach: 
„Hänsel, was guckst du da und bleibst zurück? Hab acht und vergiß deine 
Beine nicht.“ — „Ach, Vater,“ sagte Hänsel, „ich sehe nach meinem weißen 
Kätzchen; das sitzt oben auf dem Dache und will mir Ade sagen.“ Die 
Frau sprach: „Narr, das ist dein Kätzchen nicht; das ist die Morgensonne, 
die auf den Schornstein scheint.“ Hänsel aber hatte nicht nach dem Kätzchen 
gesehen, sondern immer einen von den blanken Kieselsteinen aus seiner 
Tasche auf den Weg geworfen. 
Als sie mitten in den Wald gekommen waren, sprach der Vater: „Nun 
sammelt Holz, ihr Kinder; ich will ein Feuer anmachen, damit ihr nicht 
friert.“ Hänsel und Gretel trugen Reisig zusammen, einen kleinen Berg
	        
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