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war kein Wecken zum Einbrocken darin. Ihr kleiner Helm, der neben
ihr auf den Zehen stand und auch hineinschaute, rief sogleich: „Mutter,
einen Groschen, ich hole das Brot!“ Dann sagte er zum Vater: „Heute
aber laufe ich nicht lange herum. Wenn es beim Torbäcker kein Brot
gibt, gehe ich wieder einmal zu dem Herrn Paten hinüber.“ Der Gerber
sagte nicht ja und nicht nein darauf und ließ den Knaben ziehen. Im
ersten Brotladen hatten aber die Wecken schon alle ihre Käufer gefunden,
und Helm kam wieder zum Tore herein, laut singend, daß es die ganze
Gasse hören konnte: „Heut' geh' ich zum Herrn Paten! Heut' geh' ich
zum Herrn Paten!“ Ungehalten über den argen Schreihals wollte der
Vater ihm wehren. Aber ehe er noch das verquollene Fenster auf⸗
bringen konnte, war der kleine Sänger schon zum Tempel hinein und
kehrte nach einigen Augenblicken — als Friedensbote wieder zurück.
Slatt des Ölzweiges hatte er einen geschenkten Eierring in der Hand
und rief, über die Schwelle in die Stube hereinstolpernd: „Der Herr
Pate läßt Vater und Mutter recht schön grüßen, und ich soll bald
wiederkommen.“
Noch an dem nämlichen Abend wechselten die Nachbarsleute einige
freundliche Worte über die Gasse; am folgenden saßen die weiße und die
gelbe Schürze wieder auf der grünen Bank beisammen; am dritten zeigten
die Frauen einander die Leinwand, zu der sie in den bösen drei Jahren
oft mit ihren Tränen über den unseligen Zwist der Männer den Faden
genetzt hatten.
Und es war hohe Zeit, daß der Herr den Friedensboten erweckt
hatte; denn einige Wochen darauf verfiel der Bäcker unerwartet schnell
in ein Nervenfieber und aus diesem nach wenigen lichten Augenblicken in
den Todesschlummer. Karl Stöber. Erzählungen.)
38. Vom Wolf und Lämmlein.
Ein Wolf und ein Lämmlein kamen beide von ungefähr an einen
Bach, um zu trinken; der Wolf trank oben am Bache, das Lämmlein aber
fern unten. Da der Wolf des Lämmleins gewahr ward, lief er zu ihm
und sprach: „Warum trübst du mir das Wasser, daß ich nicht trinken
kann?“ Das Lämmlein antwortete: „Wie kann ich dir 's Wasser trüben?
Trinkest du doch über mir und möchtest es mir wohl trüben.“ Der Wolf
sprach: „Wie? Fluchst du mir noch dazu?“ Das Lämmlein antwortete:
„Ich fluche dir nicht.“ „Ja,“ sprach der Wolf, „dein Vater tat mir vor
sechs Monden auch ein solches“ Das Lämmlein antwortete: „Bin ich doch