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alte Frau, die wußte seinen Jammer schon und schenkte ihm ein
Töpfchen, zu dem sollt' es sagen: „Töpfchen, koche!“ so kochte es
guten, süßen Hirsebrei, und wenn es sagte: „CTöpfchen, steh!“ so
hörte es wieder auf zu kochen. Das Mädchen brachte den Topf
seiner Mutter heim, und nun waren sie ihrer Armut und ihres
Hungers ledig und aßen süßen Brei, so oft sie wollten.
2. Auf eine Zeit war das Mädchen ausgegangen. Da sprach die
Mutter: „Töpfchen, koche!“ Da kocht es, und sie ißt sich satt. Nun
will sie, daß das Töpfchen wieder aufhören soll; aber sie weiß
das Wort nicht. Also kocht es fort, und der Brei steigt über den
Rand hinaus und kocht immerzu, die Küche und das ganze Haus voll,
und das zweite Haus und dann die Straße, als wollt's die ganze
Welt satt machen, und ist die größte Not, und kein Mensch weiß
sich da zu helfen. Endlich, wie nur noch ein einziges Haus übrig
ist, da kommt das Kind heim und spricht nur: „Töpfchen, steh!“
da steht es und hört auf zu kochen. Und wer wieder in die Sladt
wollte, der mußte sich durchessen. Jakob und Wilhelm Grimm.
160. Vom Büblein,
das überall hat mitgenommen sein wollen.
1. Denk an! Das Büblein ist einmal
spazieren gangen im Wiesental;
da wurd's müd' gar sehr
und sagt: „Ich kann nicht mehr;
wenn nur was käme
und mich mitnähme!“
Da ist das Bächlein geflossen kommen
und hat's Büblein mitgenommen;
das Büblein hat sich auf's Bächlein gesetzt
und hat gesagt: „So gefällt mir's jetzt.“
2. Aber was meinst du? Das Bächlein war kalt,
das hat das Büblein gespürt gar bald;
es hat's gefroren gar sehr,
es sagt: „Ich kann nicht mehr;
wenn nur was käme
und mich mitnähme!“
Da ist das Schifflein geschwommen kommen
und hat's Büblein mitgenommen;
das Büblein hat sich aufs Schifflein gesetzt
und hat gesagt: „Da gefällt mir's jeßt.“
3. Wer siehst du? Das Schifflein war schmal,
das Büblein denkt: „Da fall' ich einmal!“