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Lande auferlegt wurden, nahmen die Franzosen weiterhin viele Gold—
und Silbergeräte mit, um sie nach Frankreich zu bringen.
Und wie trieben sie die Kriegssteuern ein? Plünderungen und
Gewalttaten durch Beamte und Soldaten waren an der Tagesord—
nung. Die Herrschaft der Republikaner brachte Stadt und Land
an den äußersten Rand der Not. Im Winter 1794/95 trat eine
förmliche Hungersnot ein. Im Herbst 1795 raffte eine Viehseuche
unzählige Tiere, namentlich im Jülicher Land, dahin, und eine
Pockenepidemie, die viele Opfer forderte, vollendete das Unglück.
Nicht nur Lebensmittel, nein auch Seife, Salz, Kohlen und Lichte
waren nur zu hohen Preisen zu haben oder fehlten gänzlich. Selbst
die Stadtkasse war so erschöpft, daß vom 6. Dezember 1794 ab die
Stadtverwaltung wegen Fehlens der Lichte keine Abendsitzungen
mehr abhalten konnte. „Wir sind ohne Brot, ohne Lichte und aller
Lebensbedürfnisse beraubt“, schrieb die Aachener Kantonverwaltung
an den Volksrepräsentanten Joubert. Dabei hatten die Machthaber
die freche Stirn, Ende Dezember unter anderm Gänse, Enten, Hähne,
Hühner und Zucker für sich einzufordern. Am letzten Dezembertag
1794 feierten sie das erste Fest der Eroberung Hollands und zwan—
gen viele Bürger, daran teilzunehmen. Die Ackersleute aus der
Umgegend mußten wie zum Hohn im Festzuge eine Fahne mit der
Aufschrift: „Nährväter des Staates“ tragen. Zur selben Zeit zogen
die Volksrepräsentanten auf dem flachen Lande umher, um aus den
Scheunen der Bauern die letzten Kornreste für den Truppenbedarf
zu holen. Damit gaben sie die „Nährväter“ selbst der Not und
dem Hunger preis. Es war die schreckliche Zeit, von der ein Aache—
ner Bürger an die Regierung in Paris schrieb: „Wir sahen mit
Schaudern in unserm Vaterlande mehrere hundert Bürger vor Hun—
ger und Elend dahinsterben, während unsere Ackersleute noch ge—
nötigt wurden, ihre Körner den Truppen abzuliefern.“
Im schreienden Gegensatz zu diesem Zustande des Landes stan—
den die lärmenden Feste und glänzenden Aufzüge, das ganze lustige
Leben und Treiben der neuen Machthaber. Das kostete Geld. Wei—
gerten sich die Leute, die Kriegssteuern zu zahlen, so wurde irgend—
ein Familienglied als Geisel abgeführt. Mit der Bezahlung der bei—
getriebenen Verpflegungsmittel durch die Franzosen sah es schlecht
aus. Wenn die Heerführer überhaupt nach vielen Monaten bezahl—
ten, so geschah es zunächst weit unter dem Tagespreis und daun
nur in vollwertig gerechneten Papierscheinen (Assignaten). Die
schlauen Franzosen selbst aber nahmen die Steuern nur in klin—
gendem Metallgeld entgegen. Erst die Unterdrückung der Revolu—
tion brachte dem Lande eine Erleichterung seines schweren Joches.