Full text: Norddeutsches Lesebuch

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für sich selbst brauchte der König sehr wenig; seine Lebensweise seine Kleidung 
war höchst einfach. „Ich bin arm“ pflegte er zu sagen, „aber der Slat ist 
reich; mein Schatz gehört nicht mir, sondern dem Staate.“ So half er mit 
freigebiger Hand und unermüdlicher Fürsorge 
dem gesunkenen Wohlstande seines Landes 
wieder auf. Ja, er erhob durch Herbei— 
ziehung von Ansiedlern, die ganze Strecken 
wüstliegenden Bodens urbar machten, durch 
Unterstützung der Gewerbthätigkeit und des 
Handels durch Förderung der Rechtspflege 
und der Volksbildung sein Land zu einer 
Blüte, wie es sie vorher nie gekannt hatte. 
Seinen Unterthanen war Friedrich ein 
gütiger leutseliger Herr. Auch dem Geringsten 
seines Volkes bewies er sich freundlich. Als 
einst auf der Reise die Pferde gewechselt wurden, 
drängte sich ein altes Mütterchen dicht an den 
königlichen Wagen. „Was wollt Ihr ?“ fragte 
der Kbnig. Nur Ew. Majestät Angesicht 
sehen, sonst nichts weiter“ erwiderte die Alte. 
Der König gab ihr einige Friedrichsd'or und 
sagte: „Seht, liebe Frau, auf diesen Din— 
gern könnt Ihr mich ansehen, so oft Ihr 
wollt.“ — ZFreimüthige Reden nahm der 
König nicht übel, auch ein dreistes Wort 
ließ er sich gefallen, wenn es nur treffend 
war. Einen Soldaten, dessen Gesicht meh— 
rere tiefe Narben hatte, die er bei Collin 
erhalten fragte er bei der Musterung: „In 
welcher Bierschenke hast du dir denn die 
Hiebe geholt? · — „Bei Collin,“ war die 
Antwort „wo Ew. Majestät die Zeche 
bezahlt haben.“ Freilich durfte die Dret 
stigkeit nicht in Unbescheidenheit ausarten. 
Ein junger Landrath hatte einst gemeldet, 
daß sich in seinem Kreise ganze Schaa— 
xen von Heuschrecken zeigten. Das wollte der König nicht glauben, und nun 
schickte der Landrath zum Beweis eine große Schachtel mit lebendigen Heu⸗ 
schrecken, die bein Oeffnen des Deckels lustig im Zimmer des Koönigs umher⸗ 
flogen. Friedrich ließ den Vorfall unbestraft, der Domänenkammer aber 
schrieb ex, man solle nicht naseweise junge Leute zu Landräthen machen, sondern 
gesetzte Männer, die wüßten, was sich schicke und wie sie ihrem König begegnen 
müßten. — Men, verdienstvollen Generalen hielt er schhon was zu Gue 
Dem General Seydlitz welchem er vorzüglich den Sieg bei Roßbach verdankte 
sagte er einst bei einer Truppenschau: Mein lieber Seydlitz, ich dächte, Sein 
Regiment ritte schlechter als meine übrige Kavallerie⸗ Eb. Majestät,“ 
exwiderte Seydli das Regiment reitet heute noch wie bei Roßbach.“ Seit⸗ 
dem vermied es der König, Bemerkungen zu machen, die den wackeren General 
Norddeutsches Lesebuch. 10. Aull. 
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