Full text: Norddeutsches Lesebuch

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kränken konnten — Als der greise Ziethen einmal an der königlichen Tafel 
einschlief, sagte Friedrich: Laßt den Alten ruhig schlafen er hat ja oft genug 
für uns gewacht.“ 
Geistesgegenwart und Muth besaß Friedrich wie wenige Menschen. In 
der Schlacht bei Collin führte er selbst mit dem Degen in der Hand eine Kom— 
pagnie gegen eine österreichische Batterie Die Leute flohen, als sie in den 
Bereich der feindlichen Kugeln kamen; Friedrich aber achtete nicht darauf und 
ritt immer weiter, bis einer seiner Adjutanten ihm zurief: „Wollen denn Ew 
Majestät die Batlerxie allein exobern?“ Jetzt erst erkannte Friedrich seine miß⸗ 
liche Lage, hielt sein Pferd an, betrachtete die Batterie durch ein Fernglas und 
kehrte dann langsam wieder zu den Seinigen zurück. — Am Abend des Schlacht⸗ 
tages von Leuthen ritt er mit wenigen Begleitern nach dem Schlosse zu Lissa, 
wo er wider Erxwarten eine große Anzahl oͤsterreichischer Offiziere findet. Seine 
Freiheit steht auf dem Spiel; die Feinde hätten ihn unmittelbar nach seinem 
schönsten Siege zum Gefaugenen machen können. Aber der König schreitet mit 
der ruhigsten Miene von der Welt mitten durch sie hin und ruft ihnen zu: 
„Guten Abend, meine Herren! Sie haben mich hier wohl nicht vermuthet? 
Kann man denn auch noch unterkommen?“ Da bücken sich die Offiziere durch 
seinen zuversichtlichen Ton irre gemacht, tief vor ihm und leuchten ihm demüthig 
in sein Zimmer. Bald darauf erschien eine Abtheilung preußischer Husaren 
und nahm die Oesterreicher alle gefangen. — Dieselbe Unerschrockenheit, welche 
Friedrich in allen Gefahren bewies verlangte er aber auch von seinen Offi⸗ 
Zeren. Einem seiner Pagen wurde bei der Belagerung einer Festung das 
Pferd unter dem Leibe erschossen, und er selbst erhielt eine bedeutende Quet⸗ 
schung. Mit schmerzlichen Geberden eilte er davon; aber der König rief ihm 
zu: „Wo will Er hin? Will Er wohl den Sattel mitnehmen?“ Der Page 
nußte umkehren und den Sattel abschnallen und durfte sich an die Kugeln nicht 
kehren, die ihn und den König umsausten. 
Bis an sein Ende erfüllte Friedrich mit der größten Sorgfalt und Treue 
alle Pflichten des königlichen Berufes. Auch als schon hohes Alter seinen Körper 
kruͤmmte, ließ er in seiner Thätigkeit nicht nach. Wie einen Vater verehrten 
und liebten seine Unterthanen den „alten Fritz. Wenn er unter sie trat in 
seiner blauen Uniform, den großen dreieckigen Hut auf dem Kopfe, die Hand 
auf einen Krückenstock gestützt, so war das ein festliches Ereigniß für alle. Stets 
lief eine jubelnde Volksmenge neben seinem Pferde her, so oft ex in die Stadt 
geritten kam. Und wie das preußische Volk auf seinen großen König stolz war, 
so verehrte, so bewunderte ihn ganz Europa. As er endlich, 74 Jahre alt, 
nach 46jähriger Regierung, am 17. August 1786 auf seinem Schlosse Sans— 
souci starb, war die Theilnahme eine allgemeine. Von den Thronen bis in die 
Hüutten wirkte die Todesnachricht erschütternd; alle fühlten, daß der größte 
Mann des Jahrhunderts aus der Welt geschieden war. In den Herzen der 
Preußen aber ist das Bild des „einzigen Friedrich“ lebendig geblieben 
bis auf den heutigen Tag. 
272. Mitlwoch · Nachmitllag. 
Fridericus Rer, der große Held, 
kam siegreich aus dem Kriegesfeld; 
und wenn er durch die Straßen ritt, 
so liefen alle Kinder mit.
	        
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