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jungen Helden gewogen: aber eines Mittags, als sie, in Gedanken verloren, in
einem offenen Fenster stand, kam ein riesiger Drache durch die Luft dahergeflogen
und entführte sie, um sie zu seiner Gemahlin zu machen. Von dem Feuer, welches
ex ausathmete, ward die Burg so hell erleuchtet, als ob sie in Flammen stünde.
Er trug sie aber weit, weit weg in eine ungeheure Berghöhle, wo er sie mit
Speise und Trank reichlich versorgte und ihr alle Liebe und Freundlichkeit erwies;
aber die Jungfrau weinte und klagte und sehnte sich nach ihrem elterlichen Hause,
und dabei fürchtete sie sich vor dem gräulichen Ungethüm, denn wenn es athmele,
so zitterte und bebte der Berg unter ihm.
Der König Gibich schickte Boten aus nach allen Richtungen, um seine ver⸗
lorene Tochter zu suchen, aber keiner fand eine Spur von ihr. Darüber war
viele, viele Tage lang großes Trauern und Klagen in der Königsburg. Siegfried
aber ward indessen ein gewaltiger Held von solcher Stärke, daß er Bären leben—
dig erjagte und zum Spott an die Bäume hing. Doch auch er fand trotz seines
rastlosen Suchens nirgends die geraubte Jungfrau. Da verfolgte einmal sein
treuester Hund eine seltsame Spur, und Siegfried jagte ihm eifrig nach, ohne
an Schlaf oder Trank und Speise zu denken, bis er endlich am vierten Tag in
einen wilden, unwegsamen Wald gerieth und sich völlig verirrte. Hier wäre er
wohl verloren gewesen trotz aller seiner Stärke; aber als er laut über sein Miß—
geschick Nagte, kam der Zwergkönig Eugel auf kohlschwarzem Rosse daher. Sein
Kleid war von weißer Seide und mit Gold durchwirlt; auf dem Haupte trug er
eine prachtvolle Krone mit so glänzenden Edelsteinen, daß der dunkle Wald davon
erleuchtet ward. Er begrüßte Siegfried freundlich, als ob er ihn lange gekannt
hätte, dann aber gebot er ihm schnell zu fliehen, weil ganz in der Naͤhe ein
Drache hause, der eine schöne Jungfrau gefangen halte; „wenn dieser dich erblickt,“
sagte er „so mußt du dein junges Leben in diesem Walde verlieren.“ Da freute
sich Siegfried, der gefangenen Kriemhild so nahe zu sein, und er erklärte dem Zwerge,
daß er gerade gekommen sei, um sie zu befreien, aber erschrocken rief Eugel:
„Du willst dich solches Dinges unterfangen? Hättest du auch den halben Erd—
kreis bezwungen, so würde dir das doch nichts helfen; die Jungfrau müßtest du
hier auf dem Felsen lassen. Denn den Schlüssel zu demselben bewahrt der Riese
Nuperan, und ehe du auf die Höhe gelangtest, müßtest vu mit ihm einen Kampf
bestehen, wie er auf Erden noch nicht gekämpft worden ist.“ Gerade dies aber
lockte den kühnen Siegfried, und was auch der gute Eugel sagte, um ihn zu
warnen, so blieb er doch fest entschlossen, die geraubte Kriemhild aus allen
Gefahren zu erretten.
3. Wie Siegfried den Riesen besiegte.
Nun führte der Zwerg den Helden an die Seite des Felsens, wo des
Riesen Behausung war. Siegfried rief laut in die Höhle hinein. Sofort trat
Nuperan hervor, bewaffnet mit einer weit über die Bäume hinausragenden Stange
von Stahl, deren vier Kanten messerscharf waren und die einen Klang gab wie
eine Kirchenglocke. „Was willst du, junger Bursch, in diesem Walde?“ sprach
der Riese. „Ich will die Jungfrau erlöfen,“ antwortete Siegfried, „welche auf
diesem Felsen gefangen sitzt.“ „Hoho!“ fagte jener, „du Neiner Wicht, da
müßtest du erst noch einige Ellen wachsen.“
Ietzt holte der Riefe mit seiner Stange aus, um Siegfried niederzuschlagen;
aber dieser sprang schnell und gewandt fünf Klafter wein zurück, und fausend