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163. Der Winter.
1. Ist denn da droben Baumwoll' feil?
Sie schütten uns ein gutes Teil
herab auf Garten und auf Haus;
es schneit doch auch — es ist ein Graus!
Und doch hängt noch der Himmel voll
von solcher Ware, seh' ich wohl.
2. Wo jemand wandert nah und fern,
der kaufet von der Baumwoll' gern,
trägt sie auf Hut und Schultern nach
und eilt davon zum nächsten Dach.
Sagt, ist es denn gestohlnes Gut,
daß ihr so lauft und eilig thut?
3. Und Gärten ab und Gärten auf
hat jeder Pfahl sein Käppchen auf;
sie sehn wie große Herren drein
und glauben sich geschmückt allein.
Den Nußbaum nahm man auch nicht aus,
noch Kirchendach, noch Pfarrerhaus.
4. Wohin man sieht, ist Schnee auf Schnee,
in Wald und Thal, in Feld und Höh'.
Manch Samenkörnchen, klein und zart,
liegt in der Hülle wohlverwahrt;
es harrt auf seinen Ostertag,
wie sehr, wie lang's auch schneien mag.
5. Manch Sommervöglein schöner Art
liegt in der Hülle wohlverwahrt,
es weiß von Kummer nicht, noch Klag
und harrt auf seinen Ostertag;
und währt's auch lang — er kommt gewiß,
indessen schläft es sanft und süß.
6. Doch wenn im Lenz die Lerche singt,
die Frühlingssonne niederdringt,
o, dann erwacht's in jedem Grab
und streift sein Totenhemdchen ab;
wo irgend sich ein Löchlein zeigt,
empor das junge Leben steigt.
7. Da fliegt ein hungrig Spätzlein her;
ein Krümchen Brot ist sein Begehr.