§ 59. Bodenbildung. 155
erstreckt sich das Gebiet der großen Wüste Sahara, 700 Meilen lang
und 200 Meilen breit, mit einem Flächenraum, der Deutschland zehn¬
mal an Größe übertrifft und doch mir ein Stuck des großen Wüsten-
gürtels der Erde ist, der vom Atlantischen Ocean quer durch Afrika und
Asien bis zum Chinggan an der Grenze der Mandschurei reicht. Lange
Zeit hindurch hielt man die Sahara für ein zusammenhängendes Tief¬
land, den Boden einer großen Bucht des Atlantischen Meeres, welche bei
den Syrien durch die S ult in ebene mit dem Mittelländischen Meere
in Verbindung stand. Wenngleich nun gewaltige Salzablagerungen
auf dem Boden der Wüste, welche einen wichtigen Handelsartikel für
die Negerländer abgeben, die dieses Gewürzes gänzlich entbehren, und
das Vorhandensein von Salzsümpsen, in denen noch Meeresmuscheln
des Mittelländischen Meeres gesunden werden, unumstößlich beweisen, daß
wir es hier mit einem erst im Lause der jüngsten Erdperiode gehobenen
Meeresboden zu thun haben, so haben doch die Entdeckungsreisen der
neuesten Zeit zu der Ansicht führen müssen, daß dieser Meeresboden sehr
große Unebenheiten zeigt, und daß die hier und da aufsteigenden Ge¬
birgsketten und Hochländer als trocken gelegte Inselketten dieses verschwun¬
denen afrikanischen Mittelmeeres anzusehen sind. Auch die Bedeckung des
Bodens ist eine sehr verschiedene. An manchen Stellen, namentlich im
Westen, in der sog. Sahel, ist der Boden von reinem Flugsande be¬
deckt, der an den versandeten Küsten, wo der Araber eine Stunde weit
ins Meer waten kann, um Strandgut zu sammeln, zu hohen Dünen
(am Cap Bojador = 400') zusammengeweht ist. Das sind die ödesten
Stellen, der Wüste, wo die wenigen Brunnen mit brakischem Wasser oft
5 Tagereisen weit von einander entfernt sind und durch ihre gegenseitige
Lage feit Jahrtausenden den Zug der Karawanen bestimmen. An an¬
deren Stellen besteht der Boden aus festen Thonschichten, und wieder
anderwärts treten feste Felsbänke aus, die mit Rollkieftlu oder spitzen
Steinen bedeckt sind. Solche Landschaften führen den Namen Hamada.
Dadurch ist auch die Vegetation der Wüste sehr verschiedenartig. Wäh¬
rend sie in den sandreichen Gegenden säst völlig verschwindet, trägt an
anderen Stellen der Boden noch dünne Wälder oder dorniges Acaeien-
gebüsch, oder bildet, namentlich im Süden, zur Zeit der tropischen Re¬
gen weite Grasebcneu, die dann von zahlreichen Heerbett wilder und
zahmer Thiere belebt ftnb. So ist namentlich im Sübosten bas Laub von
Sennaar am Bahr et Azrek bis nach Darsur hin ein solches Sa¬
vannengebiet. — Die eigentlichen Oasen — von betn altägyptischen Worte
llahe, b. i. Wohnung, so benannt — ftnb beckenartige Vertiefungen,
in betten das Grundwasser entweder als lebendiger Quell hervortritt
oder durch Brunnen erschlossen ist. Ihr Boden trägt säst nur Cultur-
pflanzen. In regelmäßige Reihen gepflanzte Dattelpalmen, deren es wie
bei unseren Obstarten unzählige Varietäten gibt, beschatten die niedrigen
Aprikosen-, Pfirsich- und Granatbäume, unb bie bqwischen befindlichen
Lücken ftnb mit Getreibefelbern bebeeft. Kein Fuß breit bewässerungs¬
fähigen Lanbes bleibt unbenutzt unb den wildwachsenden Pflanzen über¬
lassen; selbst das Dorf steht am Rande der Oase aus dem eigentlichen