Full text: Norddeutsches Lesebuch

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Seite ist nach innen, die gewölbte nach außen gekehrt. Die reifen Beeren 
werden abgepflückt und an der Sonne getrocknet; dann scheidet man die Körner 
oder Bohnen auf besonders eingerichteten Mühlen von dem rothen Fleische. 
235. Der Theestrauch. 
Der Thee ist kein solcher Weltbürger geworden, wie der Kaffee, der sich 
in jede Küche und auf jede Ofenbank drängt, sondern ein gar vornehmer Vetter 
desselben, der nur gewaͤhlte Gesellschaften besucht. 
Der Theestrauch gedeiht nur recht in seinem Vaterlande China und in 
Japan, wohin ihn chinesische Mönche verpflanzt haben. Anderswo wurde er 
auch angebaut, allein die feinen Zungen finden ihn grob und ohne Duft. Was 
für ein vornehmes Gewächs er ist, zeigt sich daxin, daß man erst im dritten 
Jahre seine Blaͤtter benutzen kann und daß man schon im siebenten seine Sträu⸗ 
cher wieder umhauen und neue setzen muß In der Zwischenzeit will er mit 
Delkuchen und trocknen Sardellen gedüngt und mit dem Safte des Senfsamens 
begossen werden. — In China und Japan ist der Thee seit mehr als 1000 
Jdahren Nationalgetränk Es genießt ihn der Kaiser und der Bettler; er wird 
sedem Gaste angeboten und auf allen Straßen und Wegen in besonderen Schen— 
ken verkauft. Auch giebt es dort Leute, die in der Kunst, den Thee zuzubereiten 
und ihn mit Anstand zu serviren, für 
Geld Unterricht ertheilen, und es soll Ken⸗ 
ner geben, die mehrere Hundert verschiedene 
Sorlten zu unterscheiden wissen, wozu aller⸗ 
dings eine Zunge und eine Nase gehört, 
fast so fein, wie ein Ohr, das Gras wach⸗— 
sen hören will. 
Der Theestrauch erreicht, sich selbst 
überlassen, eine Höhe von etwa 3 Meter; 
unter der Kultur hält man ihn niedriger, 
oft weniger als 1M. hoch, weil er dann 
desto mehr Zweige treibt. Er ist ganz mit 
glaͤnzenden, dunkelgrünen Blättern bedeckt, 
denen unserer Sauerkirschen ähnlich. Die 
großen, schön weißen, schwach duftenden 
Blumen kommen einzeln aus den Blattwin⸗ 
keln und gleichen einigermaßen den wilden 
Rosen. Die Blätter werden dreimal im 
Jahre eingesammelt, die ersten und zarte⸗ 
sten geben den besten, den Kaiserthee. 
Das Trocknen geschieht entweder in eiser⸗ 
nen Pfannen, die über ein gelindes Ofen⸗ 
feuer gesetzt werden, oder in Sieben, die 
von heißen Dämpfen durchzogen wer— 
den. So sollen die beiden Hauptarten 
des Thees entstehen, der grüne und der 
schwarze.
	        
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