Full text: Norddeutsches Lesebuch

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So wird das unermeßliche Luftmeer, welches den Erdball umwallet, eine 
unerschöpfliche Schatzkammer für die Lebensbedürfnisse aller irdischen Geschöpfe. 
Die Mmosphaͤre führt die Wolken über tausend Meilen weit vom Meere 
her über unsere Fluren; sie bereichert durch die beständige Verwitterung der Gesteine 
uͤnd Erdarten die Acerkrume unserer Felder; sie nähret und düngt mit ihren 
Bestandtheilen das ganze Reich der Pflanzen; sie spendet allem was lebt auf 
Erden, die Lebensluft des Atheins; sie verleiht der Morgen⸗ und Abendröthe ihren 
Zauber, dem Himmel sein liebliches Blaun Die Strahlenbrechung der Atmo⸗ 
Phãäre vertausendfältiget die Segnungen des Sonnenlichtes in der Weise, daß seine 
Helligkeit auch im Schatten, bei bededtem Himmel, in allen Winkeln der Erde 
verbreitet und seine Wärme so vertheilt und verwendet wird, daß diese Erde ein 
Wohnplatz gottverwandter, seligleitsfähiger Geschöpfe sei. Die Frühlingsluft mit 
dem zarten Duft der Blüten wehet uns an wie ein Hauch der schöpferischen Liebe 
Alle Erscheinungen des Luftkreises, in dem wir leben, hangen wie Glieder einer 
Kette zusammen, um auf das eine große Ziel hinzuwirken, Leben und Wohlsein 
der irdischen Schöpfung zu ermöglichen. 
239. Ginfluß der Lusft auf die Gesundheit. 
Die Luft ist unserm Körper so nothwendig, wie die Nahrung, ja, man möchte 
sagen, noch nothwendiger, da man wohl einige Zeit ohne Nahrung zubringen 
kann, kaum aber einige Minuten ohne Luft. 
Die Luft ist bald trocken bald feucht, bald kalt bald warm, bald mehr 
bald weniger verdünnt, bald mehr bald weniger mit schädlichen Luftarten oder 
Theillchen fester Körper angefüllt. Alle diese Eigenschaften üben einen wichtigen 
Einfluß auf den menschlichen Körper aus. Der Mensch kann allerdings für kurze 
Zeit eine sehr verdünnte Luft ertragen, wie dies die Besteigung hoher Berge 
bewiesen hat Immer ist dies aber mit großen Beschwerden verbunden. 
Die Luft in eingeschlossenen Räumen wird, wenn viele Menschen beisammen 
sind, durch den Verbrauch des Sauerstoffes und die Bildung des lohlensauren 
Gases bein Athmen sehr verdorben. Der Aufenthalt in engen, stark bevölkerten 
Sladten, in Fabriken, in dumpfen, unsaubern Wohnungen ist gewiß schädlicher 
als man gewoͤhnlich meint, zumal da auch noch Kohlendampf, Staub und andere 
fremdartige Theile die Luft verunreinigen 
Elne nockene und maͤßig warme Luft ist im Allgemeinen der Gesundheit 
am zuträglichsten; einer reizbaren Brust sagt freilich eine feuchte Wärme noch 
besser zu. Sehr schädlich ist die feuchte, mit Stoffen von verwesenden Pflanzen 
Und Thieren angefüllte Luft, wie z. B. die Ausdünstungen der Sümpfe. Alle 
lle, belche in der Nähe von Sümpfen oder andern stehenden Gewãssern ohne 
hinreichenden Abfluß liegen, sind von bösartigen Fiebern heimgesucht. Dies gilt 
in Europa hauptsächlich von Holland, sowie von den nassen Ebenen am Po, 
n dnen der Reis gebaut wird. Noch gefährlicher sind die Ausdünstungen der 
Sümpfe in heißen Erdstrichen, besonders an Meekeskusten, die der Flut ausgesett 
sind Die von der Ebbe zurückgelassenen Seethiere verfaulen in der brennenden 
Sonnenhitze gar bald und rufen das gelbe Fieber und andere bösartige Kranl⸗ 
heiten hervor welche besonders für Neuangekommene sehr gefährlich sind 
Köstlich ist dagegen der Aufenthalt in den Ländern von mittlerer Erhebung 
in den Landsnihen am Mullellauf der Ströme. In der reinen Alpenluft der
	        
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