Full text: Norddeutsches Lesebuch

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116. Einkehr. 
L. Bei einem Virthe wundermild, 
da war ieh jüngst zu Gaste; 
ein goldner Apfel war sein Sohild 
an einem langen Aste. 
Es war der gute Apfelbanm, 
bei dem ieh eingekehret; 
mit sũber Lost und frischem Schaum 
hat er mieh wohl genähret. 
83. Es kamen in sein grünes Haus 
viel leiehtbeschvingte Gãste; 
sie sprangen frei und hielten Schmaus 
und sangen auf das beste. 
1 
Ich fand ein Bett zu sũber Ruhb 
auf wveichen, grünen Matten; 
der Wirth, er deckte selbst mich zu 
mit seinem Lühlen Schatten. 
5 
Nun fragt ieh naeh der Schuldigkeit; 
da schüttelt' er den Mipfel. 
Gesegnet sei er allezeit 
von der Murzel bis zum Gipfel! 
117. Die Kartosfeln. 
Dieses nützliche Gewächs kam erst vor etlichen hundert Jahren aus Amerika zu 
uns. Und fast haͤtte sie der Freund von Franz Drake, dem dieser aus Amerika Kartoffeln 
zur Aussaat schickte und dazu schrieb, ‚die Frucht dieses Gewächses sei so trefflich und 
nahrhaft, daß er ihren Anbau für sein Vaterland für höchst nützlich halte,“ aus seinem 
Garten wieder heraͤusreißen und wegwerfen laffen. Deun er dachte: Frauz Drake habe 
mit dem Worte Frucht die Samenknollen gemeint, die oben am Kraute hängen. Dä es 
nun Herbst war, und die Samenknollen waren gelb, lud er eine Menge vornehmer Herren 
u einem ee a wobei es hoch herging. Am Ende lam auch eine zugedeckte 
Schuissel, und der Hausherr stand auf und hielt eine schöne Rede an die Gäste, in welcher 
er sagte: er habe hier die Ehre, ihnen eine Frucht vorzusetzen, wozu er den Samen von 
seinem Freunde, dem berühmten Drake, mit der Versicherung erhalten hätte, daß ihr 
Anbau füͤr England höchst wichtig werden könne. Die Herren losteten nun die Frucht, die 
in Butter gebaͤcken und mit Zucker und Zimmt bestreut war, aber sie schmeckte ab— 
scheulich, und es war nur schade um den Zucker. Darauf urtheilten sie alle, die Frucht 
könne wohl für Amerika gut sein, aber in England werde sie nicht reif. Ba ließ denn 
der uan einige Zeit nachher die Kartoffelsträuche herausreißen und wollte sie weg- 
werfen lassen. 
Aber eines Morgens, im Herbste, ging er durch seinen Garten und in der Asche 
eines Feuers, das sich der Gärtner angemacht hatte schwarze, runde Knollen liegen. Er 
zertrat eine, und siehe, sie duftete gar lieblich. Er fragte den Gärtner, was das für 
Knollen wäͤren? und der sagte ihm, daß sie unten an der Wurzel des fremden amerikani⸗ 
schen Gewächses gehangen hätten. Nun ging dem Herrn erst das rechte Licht auf. Er 
ließ die Knollen saammeln, zubereiten und lud dann die Herren wieder zu Gaste, wobei 
er wohl wieder eine Rede gehalten haben mag, von welcher der Inhalt der gewesen sein 
wird: daß der Mensch, wenn er bloß nach dem urtheilt, was oben an der Oberflaͤche ist, 
und nicht auch tiefer gräbt, manchmal gar sehr irren önne. 
118. JFägerlied. 
1. Im Wald und auf der Heide, 
da such' ich meine Freude, 
ich bin ein Jägersmann; 
den Wald und Forst zu hegen 
das Wildpret zu erlegen, 
hab' meine Freude dran. 
Halli, hallo! halli, hallo! 
hab' meine Freude dran. 
Norddeutsches Lesebuch. 
—r——— — 
Das Huhn m schnellen Fluge, 
die Schnepf' im Zickzackzuge 
treff' ich mit Sicherheit. 
Die Sauen, Reh' und Hirsche 
erleg' ich auf der Birsche, 
der Fuchs läßt mir sein Kleid 
Halli, hallo! halli, hallo! 
der Fuchs läßt mir sein Kleid. 
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