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Erdkugel; von diesem Verhältnis sind schon im allgemeinen die Jahres- 
zeiten, das Klima, die Temperatur, der Pflanzenwuchs und selbst die 
Tierwelt abhängig. Aus der räumlichen Ausdehnung ergiebt sich seine 
wagerechte Gestalt, seine Berührung mit dem Meere und seine Stellung 
zu den Nachbarländern. Die Unebenheiten zeigen die Beschaffenheit der 
Oberfläche. Nach ihnen regelt sich der Stromlauf und sie geben dem 
Lande seine eigentümliche Gestaltung. Alle drei Gegenstände durch- 
dringen und bedingen sich wechselweise, und sie sind, znsammenge- 
nommen, der Urgrund alles Bestehenden. Jedes Land hat hiernach 
seine eigenen klimatischen Erscheinungen, seine eigene Gestaltung, seinen 
eigentümlichen Pflanzenwuchs, seine ihm angehörenden Tiere u. s. w. 
Aber auch der Mensch wird, wie Pflanzen und Tiere, das Gepräge 
seines heimatlichen Bodens tragen. Gestalt, Körper- und Gesichtsbil- 
duug, Charakter ?c. werden im allgemeinen von seinem Wohnplatz ab- 
hängig sein. Die größere oder geringere Glut der Sonne, die Er- 
Hebung des Bodens, die Nähe oder Ferne des Meeres, die Nahrungs- 
mittel, welche aus dem Boden sprießen, die Beschäftigung, auf die die 
Eigentümlichkeit desselben hinführt, wirken wesentlich ein. Der Charak- 
ter eines Menschen ist anders eingerichtet, wo heiß die Sonne scheint, 
selbst schon wo Wein sein gewöhnliches Getränk ist, als der eines 
Menschen in einem gemäßigten und kalten Himmelsstrich. Bewohner 
von Alpenländern haben den kühnen, aber starren Charakter ihrer Berge. 
Anwohner des Meeres, langsam und besonnen, haben mit jenen die 
Kühnheit gemein, aber sie sind unternehmender und erfindungsreicher. 
Schlafferen Charakters sind im allgemeinen die Bewohner eines warmen 
fruchtbaren Tieflandes; ohne Erhebung der Phantasie die einer kühlen, 
weiten Tiefebene. Der Bewohner heißer Länder ist zwar großer Re- 
gungen fähig, aber ihm fehlt die Ausdauer, die nachhaltige aussinnende 
Kraft; die Glut des Elements drückt ihn nieder. Aus umgekehrtem 
Grunde fehlt dem Hochnordländer die Spannung und Erhebung. Der 
rauhe Himmel, der karge Boden nehmen seine Thätigkeit schon allein 
für den Lebensunterhalt in Anspruch. 
Aber nicht allein in den verschiedenen Zonen, sondern schon in 
Europa allein ist bei den einzelnen Völkern der Unterschied der Körper- 
bildung, des Charakters und der Geistesrichtung sehr bemerkbar. Selbst 
auf einem kleineren Raum, bei einem Volk, welches dieselbe Sprache 
spricht, ringt sich — je nach der Eigentümlichkeit des Örtlichen — 
eine Abstufung hervor, und je verschiedener ein Land gestaltet ist, um 
desto merklicher wird sich diese herausstellen. 
Der Mensch, ein Kind seines heimatlichen Bodens, konnte sich nur, 
gemäß der Eigentümlichkeit desselben, darauf einrichten. Er fand diese 
oder jene Pflanze zu seiner Nahrung vor, er baute sie fleißig an; er 
traf diese oder jene Tiere an, er bezwang die schädlichen und machte 
sich die nützlichen dienstbar; diese oder jene Örtlichkeit reizte ihn zu 
einer bestimmten Unternehmung. Die Alpenländer luden zum Hirten-
	        
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