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miaute sie ganz kläglich, sah mich bittend an und folgte mir
wie ein Hündehen. Die Leute, die allmählich wieder herzuge-
treten waren, konnten sich nicht genug wundern. „Nun,“ sagten
sie, „von einem Hund weiß man's ja; aber dab eine Katze eine
solche Anhänglichkeit hat, das hätten wir nicht geglaubt. Aber
freilich, es Kommt nur darauf an, wie ein Tier behandelt wird.“
Seitdem habe ich mich nicht mehr von dem treuen Tierchen
getrennt, das mich so lange gesucht hat und darüber fast den
Hungertod gefunden hãtte.
Wenn ihr nun auch einmal solch' ein armes, verfolgtes,
kleines Kätzchen findet, dann erbarmt euch seiner, und bald
wircl es euch anhãnglich sein wie ein Hündchen, und ihr werdet
viel Freude an ihm haben.
Ralender des Tiersehutzvereins.
83. Wie man Schwalben zahm macht.
Ich erwartete vor kurzem einen Freund in seiner Wohnung,
die zu Rom im obern Stockwerk in einem alten Stadtviertel liegt.
Während ich, nicht weit vom offenen Fenster, in der Sofaecke saß,
kamen plötzlich zwei Schwälbchen. Sie nahmen Platz auf der eisernen
Querstange, welche, um das Aufstützen der Arme zu gestatten, in
geringer Höhe an der Außenseite des Fensters angebracht ist, lugten
wie neugierig ins Zimmer und zwitscherten zutraulich.
Ich fragte mich im stillen, was sie wollten; da trat mein Freund
herein, und wir begrüßten uns, worauf ich mich, immer noch in
Gedanken mit den Schwalben beschäftigt, nach ihnen umsah. Zu
meiner Verwunderung ließen sie sich durch die Bewegung, welche sein
Eintritt mit sich brachte, nicht im geringsten stören. Ganz erstaunt
war ich aber, als er ruhig auf die beiden losging und mit dem Aus—
ruf: „Sind die kleinen Bettelmänner schon da?“ die eine mit dem
Finger streichelte, während die andere in kurzem Bogen, ohne viel
Zeichen von Scheu, vor ihm hin und her flatterte. Auch die zweite
trieb hierauf dasselbe Spiel; ja, als er sich am Fenster zeigte, kamen
von dem gegenüberliegenden Palast noch drei andere herabgeschossen
und flogen in kleinen Kreisen dicht an ihm vorbei. Meine Ver—
wunderung war nicht mehr als billig.
„Was wollen die Tierchen, und wie haben Sie es angefangen,
sich so mit ihnen zu befreunden?“ fragte ich.
„Die Antwort auf beide Fragen liegt dort in der Schublade,“
erwidertke er, ging hin, holte eine Handvoll Watte heraus und be—