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planlos hin und her. Jetzt sprang sie auf ein Buch, gleichsam, als
wolle sie von dem erhöhten Gegenstande eine Aussicht gewinnen.
Aber die Aussicht auf die nahen Ungetüme und auf die fernen Fenster
schien ihr trostlos gewesen zu sein; augenblicklich lag wieder ein
Kügelchen da, leblos und erstarrt. So lag sie über eine Stunde,
und wir hielten Rat, was nun mit ihr zu machen sei. Meine Stimme
war die einzige, die sie vor Ärgerem schützte. Nach zwei und drei
Stunden lag noch immer das regungslose Kügelchen da, so daß die
Mutmaßung aufstieg, nun wäre sie wirklich tot, vielleicht vor Schreck
gestorben. Andere Obliegenheiten winkten; wir vergaßen einen Augen—
blick das Tierchen, und als wir wieder hinsahen — war es nicht
mehr da.
Bot ich das Haus auf, um die Flüchtige zu verfolgen? Nein,
ich freute mich, daß sie glücklich entkommen war.
Deutsches Geschichtenbuch, 2. Aufl.
Veter Aosegger.
117. Tanne.
Ich klimme die steilsten Höhen hinauf,
wo Wolke und Fels sich berühren,
und kommen auch Wasser in zürnendem Lauf,
mich fort in die Tiefe zu führen,
wo Veilchen duften und Amsel schlägt,
ich stehe so furchtlos, kein Sturm mich bewegt,
granitenen Felsen vergleichbar.
2. Und wo nur ein Urümchen der Erde geheim
sich unter dem Moose verstecket,
ich sende hinunter den kräftigen Leim,
bis ans Cicht ihn die Sonne erwecket,
und pflanze so siegreich, ein stürmender Held,
das sprossende Leben bis hinauf in die Welt
der ödesten Felsen und Firne.
Dichtungen
Edward Samhaber.