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Gott gewirkt gesehen, teils mündlich erzählt, teils mit kurzen
Worten niedergeschrieben und uns so überliefert hat.
Also im Jahre der göttlichen Menschwerdung 836 verließen
die Patherbrunner Gesandten Sachsen und kamen am 28. April
in der Cenomannischen Stadt an. Als sie dem Bischöfe die
Ursache, wegen der sie geschickt waren, mitteilten, wurden sie
freundlich von ihm empfangen und erlangten, auf göttlichen
Wink, wie wir glauben, unverzüglich, um was sie baten. Denn
am folgenden Tage berief der Bischof seinen gesamten Klerus
und beriet sich mit ihm und seinem Chorbischof namens David
ernstlich darüber, wie man den frommen Bitten der Gesandten,
die aus so fernem Lande gekommen wären, dahin willfahren
könnte, daß sie ihrer Bitte gemäß den ganzen Leib irgendeines
Heiligen erhielten. Es befand sich nämlich daselbst eine große
Menge heiliger Leiber, unter welchen der des heiligen Liborius,
weiland Bischofs dieser Stadt, als besonders durch Wunder
verherrlicht, hochgeschätzt wurde. Da der Bischof diesen den
Gesandten geben wollte, widersetzten sich anfangs viele, indem
sie sagten, sie hätten nichts Wertvolleres als diese Unterpfänder.
Als er endlich mit Mühe die allgemeine Zustimmung erlangt
hatte, versammelte er die Priester und die Geistlichen jeden
Grades in ihren gottesdienstlichen Gewändern, ließ auch die
Gesandten, welche den heiligen Leib empfangen sollten, kommen
und zog mit ihnen aus der Stadt zu der Kirche, in welcher der
Leib des heiligen Liborius ehrenvoll begraben war. Diese Kirche
stand nahe bei der Stadt, war den zwölf Aposteln geweiht und
soll von einem Bischöfe der Stadt, namens Julian, erbaut sein.
Dahin zog also der Bischof, nachdem er ein Fasten angesagt
hatte, mit seinem heiligen Geleite fromm und demütig, wie es
sich bet einer solchen Handlung ziemte, abwechselnd Psalmen,
Litaneien und Hymnen singend.
Darauf ließ aber der Bischof, um die Gesandten nicht auf¬
zuhalten, noch am selben Tage den heiligen Leib mit aller
Ehrfurcht durch seine Priester in die Stadt tragen, in die Haupt¬
kirche seines Sitzes, damit er hier im Beisein des Volkes jenen,
welche ihn empfangen sollten, feierlich übergeben würde. Nach¬
dem dies geschehen war, der Tag schon sich neigte und die
Nacht vor dem Sonntage sich herannahte, befahl der Bischof,
daß sich des andern Tages der gesamte Klerus zur Abhaltung
der Vigilie zeitiger versammeln sollte, damit nach Beendigung
derselben gleich mit der ersten Morgendämmerung die Gesandten
nach Empfang des erbetenen Geschenkes in ihr Vaterland zurück¬
kehren könnten. Nachdem das Meßopfer gefeiert war, beeilte