153. Der Gerechte erbarmt sich seines Viehes.
Der Kaufmann aber dachte, während er diesen Brief las, an das Wort;
„Mein Valen und meine Mutter verlassen mich, aber der Herr nimmt mich
auf.“ Und er sah seine Frau an, der standen die hellen Thränen im Auge.
Da schloß er sie in seine Arme und rief; „Sei getrost und unverzagt und harre
des Herrn! Nun ist unser Gebet reichlich erhöret. Die armen Waisen sollen
an uns treue Eltern haben.“
Und so ist es geschehen, und des Herrn Segen ist an den Eltern und den
Kindern offenbar geworden. (Josephson.)
152. Morgenlied.
Der schöne Tag bricht an,
die Nacht ist abgethan,
die Finsternis vergangen:
laß uns dein Licht umfangen,
du, unsre Sonn' und Leben,
der Welt zum Heil gegeben!
Laß uns in deiner Hut
das thun, was recht und gut,
und slets als Kinder leben,
die dir sich ganz ergeben,
in deinen Wegen gehen
und fest im Glauben stehen.
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Befällt uns Kreuz und Not,
so hilf, du treuer Gott,
daß wir in allen Stücken
uns drein geduldig schicken,
denn dir nicht widerstreben
ist ja das beste Leben.
Gieb Speis und Trank dem Leib,
daß er bei Kräften bleib',
und soll die Seele scheiden,
so seis zu deinen Freuden,
daß wir auf deinen Namen
getrost hinfahren. Amen!
(Büchner.)
153. Der Gerechte erbarmt sich seines Viehes.
Auch gegen Tiere soll der Mensch nicht undankbar sein, wie jener Kauf⸗
mann in der alten Stadt Wineta, den sein Schimmel wegen Undanks ver—
klagte. — Der Schimmel hatte dem Herrn schon viele Jahre treu gedient und
ihm einmal sogar durch seine Schnelligkeit das Leben gerettet, als er in einem
Walde von Raubern überfallen wurde. Der Kaufmann that deshalb ein
Geluübde, er wolle den Schimmel niemals verstoßen und ihn aufs beste ver—
pflegen, so lange er leben werde. Weil aber der Schimmel auf seiner Flucht
bor den Räubern sich sehr erhitzt hatte, so ward er bald darauf erst steif und
lahm und endlich auch blind, und der Kaufmann vergaß seiner Dienste, so wie
seines eigenen Gelübdes. Erst ließ er das Pferd bei kärglichem Futter darben,
und weil ihm eine Metze Hafer täglich zu viel schien für ein Pferd, das ihm
zu nichts mehr nützte, so befahl er seinem Knechte, den Schimmel wegzujagen.
Der nahm einen Stock, weil das Pferd nicht weichen wollte, und trieb es aus
dem Shalle. Da blieb es sieben Stunden am Thore stehen mit niedergebeugtem
Kopfe und spitzte seine Ohren, wenn etwas im Hofe sich regte. Die Nacht
schlief es daselbst auf harten Steinen, während es kalt war und schneite.
Endlich trieb der Hunger das Tier, wegzugehen; aber weil es blind war, stieß
c ibeall an. Mit seiner Nase roch es links und rechts, ob nicht ein Hälm—
chen Stroh da läge; doch es fand nur wenig.
Es war aber in selbiger Stadt ein Glockenhaus, das stand Tag und
Nacht offen. Man hatte es gebaut, um Unrecht zu verhindern. Denn wenn
jemand meinte, es geschehe ihm unrecht von einem andern, so ging er hin ins
Glockenhaus, faßte an den Glockenstrick und läutete; sogleich kamen die Richter