161. Meister Hämmerlein.
so sei am nächsten Sonntag doch mein Gast
und halt' an meinem armen Tische Rast.
Ich bin ja wohl nur ein geringer Mann,
der nicht viel Gutes dir bereiten kann;
doch deine Huld, die dich zu Sündern trieb,
nimmt auch an meinem Tische wohl vorlieb.“
Er wandelt heim und spricht sein herzlich
Wort
an jedem Tag die ganze Woche fort.
Am Samstag-Morgen läßt's ihn nimmer
ruhn:
„Frau“, hebt er an, „nimm aus dein bestes
Huhn,
bereit' es kräftig, fege Flur und Haus,
stell' in die Stub' auch einen schönen Strauß;
denn wisse, daß du einen hohen Gast
auf morgen Mittag zu bewirten hast.
Putz' unsre Kinderlein, mach' alles rein;
der werte Gast will wohl empfangen sein.“
Da springen alle Kinderlein heran:
„O Vater, wer? wie heißt der liebe Mann?“
Die Mutter fragt: „Nun, Vater, sage mir,
gar einen Herren ludest du zu dir?“
Der Vater aber lächelt, sagt es nicht,
und Freude glänzt in seinem Angesicht.
Am Sonntag ruft der Morgenglocken Hall;
zum lieben Gotteshause ziehn sie all',
und immer seufzt der Vater innerlich:
„O liebster Jesu, komm, besuche mich!
Du hasi gehungert; ach, so möcht' ich gern
dich einmal speisen, meinen guten Herrn.“
Wie die Gemeinde drauf nach Hause geht,
die Mutter bald am Herde wieder steht.
Das Huhn ist weich, die Suppe dick und fett;
sie deckt den Tisch, bereitet alles nett,
lrägt auf und denkt e Glocken⸗
schlag:
„Vo doch der Gast so lange bleiben mag!“
Es schlägt auf eins; da wird's ihr endlich
bang:
wo weilt dein Gast
so lang?
Die Suppe siedet ein, die Kinder stehn
so hungrig da, und noch ist nichts zu sehn.
Wie heißel denn der Herr? Ich glaube fast,
daß du vergeblich ihn geladen hast.“
Der Vater aber winkt den Kinderlein:
„Seid nur getrost! er kommt nun bald
herein.
Drauf wendet er zum Himmel das Gesicht
und faltet zum Gebet die Hände, spricht:
„Herr Jesu Christe, komm, sei unser Gast
und segne uns, was du bescheret hast!“
Da klopft es an die Thüre. Seht, ein
Greis
blickt matt herein, die Locken silberweiß.
„Gesegn' euch's Gott! t euch meiner
ot!
Um Christi willen nur ein Stücklein Brot!
Schon lange bin ich hungrig umgeirrt,
vielleicht, daß mir bei euch ein Bissen wird.“
Da eilt der Vater: „Komm, du lieber Gast!
Wie du so lange doch gesäumet hast!
Schon lange ja dein Sluhl dort oben steht!
Komm, labe dich! Du kommst noch nicht
zu spũt.“
Und also führet er den armen Mann
mit hellen Augen an den Tisch hinan.
Und „Mutter, sieh doch! seht, ihr Kinder—
lein!
den Heiland lud ich vor acht Tagen ein;
ich wußt' es wohl, daß, wenn man Jesum
lädt,
er einem nicht am Haus vorüber geht.
O Kinder, seht! in diesem Ärmsten ist
heut' unser Gast der Heiland Jesus Christ.“
(Knapp.)
161. Meister Hämmerlein.
V etlichen und dreißig Jahren starb in einem preußischen Dorfe der
Gemeindeschmied Jakob Horn. Im gemeinen Leben hieß er nicht anders
als Meister Hämmerlein.
„Meister Hämmerlein? Ei, warum denn Meister Hämmerlein?“
Weil er die sonderbare Gewohnheit hatte, wo er ging und stand, sein
Hämmerlein und ein paar Nägel in der Tasche zu führen und an allen
Thoren, Thüren und Zäunen zu hämmern, wo er etwas los und ledig
fand. Vielleicht auch, weil er über seinem Hämmerlein Gemeindeschmied des
Dorfes geworden war.
„Wie wäre denn das zugegangen?“
Ganz natürlich, wie ihr sogleich hören sollt. Sein Vorfahr war ge—
storben. Vier wackere Burschen hatten sich um den Dienst gemeldet und