75
Biegung und das Floß trieb bei Großhesselohe unter der Eisenbahn—
brücke hin, die sich mit himmelanstrebenden Pfeilern über die schwindelige
Höhe spannt. Darauf hat der Lenz einen hellen Juchzer getan. Vor
ihm lag, wie aus dem Erdboden gezaubert, die ganze weite Schau
umspannend, mit unzählbaren Giebeln, Kuppeln und Türmen die lang
ersehnte Stadt München. — Nach einem tüchtigen Bade bei der Floß—
tenne an der Marienklause ging's langsam unter Bögen und Brücken
hinein in das endlose Häusermeer. Dem Büblein aus den Bergen
wurde es von der Unzahl neuer Bilder ganz wirbelig im Kopfe. An
der alten Lände „Zum grünen Baum“ kehrten sie ein zur Leibes—
stärkung und Nachtruhe.
Frühmorgens wurden die Flöße wieder losgebunden. Ruhig
schwammen die Stämme in geregelter Fahrstraße nach Norden, durch
die abwechselungslose Breite der Auen, Heiden und Moore, bis die
Domtürme von Freising auftauchten. An der alten Bischofsstadt
vorbei wurde die Fahrt fortgesetzt in die fruchtbaren Gelände von
Moosburg. Bei Isareck mündete ein krümmungsreicher, fast strom—
artiger Fluß. Seine langsamen Wellen erzählten eine stille Mär vom
grünen Ammerwalde, von Schlössern in der Bergeinsamkeit, von reichen
Gauen mit sagenumsponnenen Abteien und Edelsitzen. — Langsamern
Laufes trug nun der einst so wilde Bergfluß die Edeltannen seiner
Heimat in das segensschwere Getreidegebiet Niederbayerns.
In der Dreihelmenstadt verkauften die Bergler ihre Flöße und
der Lenz mußte sich wohl oder übel auf den feuerspeienden Dampf—
wagen setzen. Der trug ihn mit Windeseile zurück in die stille Wald—
heimat. — Da gab es ein endloses Fragen und Erzählen. Zum
Schlusse meinte die Mutter lächelnd: Nun, wo hat's dir am besten
gefallen? Da sprach der Lenz ohne Besinnen: Am schönsten, Mutter,
ist's — daheim! Alois Frietinger.