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9. Und wie er Boden fabte, fand er da
sich einsam in der Mitte räum'ger Hallen,
wo ringsum sonder Zahl er Rreuze sah.
10. Und eine Stimme hört er dröhnend bhallen:
„Hier aufgespeichert ist das Leid; du hast
zu wählen unter diesen Kreuzen allenl“
14. Versuchend ging er da, unschlüssig fast,
von einem Kreuz zum anderen umher,
sich auszuprüfen die bequemre Lasb.
12. Dies Kreuz war ihm zu grob und das zu schwer;
so schwer und grob war jenes andre nicht,
doch, scharf von Kanten, drückt es desto mehr.
13. Das dort, das warf wie Gold ein gleibend Licht,
das loekt ihn, unversucht es nicht zu lassen;
dem goldnen Glanz entsprach aueh das Gewicht.
14. Er mochte dieses heben, jenes fassen,
zu keinem neigte noch siech seine Wabl;
es wollte keines, keines für ihn passen.
15. Durchmusterb hatt' er schon die ganze Zabl.
Verlorne Müh! Vergebens war's geschehen!
Durchmustern mubt er sie zum andernmal.
16. Und nun gewabrt er, früher übersehen,
ein Kreuz, das leidlicher ihm schien zu sein,
und bei dem einen blieb er endlich stehen.
17. Ein schlichtes Marterholz, nicht leicht, allein
ihm pablich und gerecht nach Kraft und Mab.
„Herr,“ rief er, „so du willst, dies Kreuz sei mein!“
18. Und wie er's prüfend mit den Augen mab:
es war dasselbe, das er sonst getragen,
wogegen er zu murren sich vermab.
Er lud es auf und trug's nun sonder Klagen.
Adalbert von Chamisso.