Full text: [Teil 2 = Mittelstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Mittelstufe, [Schülerband])

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Nach einigen Tagen kam der König wieder und sah, wie der 
Meister in der bestellten Arbeit fortschritt, und da ihm die Unter- 
haltung mit ihm Vergnügen machte, so kam er ösfter, setzte sich 
u mm und sprach mit ihm über seine Arbeit und andere Dinge. 
Dabei sah er, dabß an dem Fenster des gegenũberstehenden Hauses 
ei Mädchen lehnten, die mit hämischen Mienen auf den am 
Fenster arbeitenden Goldschmied herüber lugten. Der König 
fragte, wer diese Mädchen seien, und erfuhr, es seien die Töchter 
ines reichen Goldschmiedes, die aus Arger darüber, dab der König 
qie niedere Vohnung des armen Bergner mit seinem Besuche be— 
ehrte, dem fleibigen Manne häbliche Gesichter zu schneiden pflegten. 
Als nach einiger Zeit die bestellte Arbeit fertig war und dem 
König vorgelegt wurde, bezeigte er nicht allein dem fleibigen 
Atbeler seine Zufriedenheit, sondern befahl ihm auch, sich sobald 
als mõglich eine andere Wohnunsg zu suchen; denn er sei gesonnen, 
mn añ Stelle des alten ein neues Haus aufführen zu lassen. Es 
Versteht sich von selbsst, daß der gdlückliche Goldschmied sich be- 
eilte, der Wejsung des Königs nachzukommen. Dieser führte auch 
gein Versprechen aus, gab aber Befehl, zwischen dem zweiten und 
lritten Stockwerk in der Mitte des neuen Hauses in einer Nische 
ein die Zunge ausssteckendes Erauenbild, in Stein gehauen, anzu- 
pringen, damit die häblichen Mädchen stets ihr Ebenbild vor Augen 
aten. Dieses Bild erhielt vom Volke den Namen „der Neidkopf?. 
Cosmar, Sagen und Miszellen aus Berlins Vorzeit. 
298. König Friedrich der Große. 
1. Friedrichs des Großen Mut. 
M in der Schlacht bei Kolin alles schlecht ging, hielt Friedrich einen 
Haufen Flüchtlinge auf und führte sie selbst gegen eine österreichische 
Batterie. Wie sie so nahe waren, daß Kugeln sie erreichten, gingen sie 
wieder durch. Der König wurde das in seinem Eifer nicht gewahr und ritt 30 
mmer weiter. Endlich sprengte ein Major ihm nach und rief: „Sire, wollen 
Sie denn die Batterie allein erobern?“ Jetzt erst erkannte Friedrich seine 
Lage, hielt sein Pferd an, betrachtete die Batterie durch ein Fernglas so 
kaltblütig, als spielten dort Jungen mit Erbsen, und dann ritt er ganz 
langsam durch den Kugelregen wieder zurück. — Bald nach der Schlacht 35 
bei Leuthen entstand im Volksmund folgende Erzählung: Am Abend des 
Schlachttages ritt der König mit wenigen Begleitern nach dem Schlosse 
zu Lisfa, wo er eine große Anzahl österreichischer Offiziere fand. Seine 
Freiheit stand auf dem Spiele, die Feinde hätten ihn unmittelbar nach seinem 
schönsten Siege zum Gefangenen machen können. Der König aber schritt mit 
ruhiger Miene mitten durch sie hin und rief ihnen zu: „Guten Abend, 
meine Herren! Sie haben mich hier wohl nicht vermutet? Kann man auch
	        
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