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(Der früheren Auflage Seite 358)
Klima, die große Hitze Indiens ihre Qualen steigerten, dennoch an
schlechter Luft starben.
Das Atmen besteht bekanntlich darin, daß unsere Lungen blase—
balgartig Luft ausströmen und einziehen. Die Luft, welche wir einziehen,
ist gute, frische Luft; die ausgeströmte ist schlechte, unreine. Einen Teil
derselben haben die Lungen zurückbehalten und sie mit dem Blute ver—
mischt. Wenn wir einen Menschen in einen Kasten einsperren, wo keine
frische Luft ihn erreichen kann, so muß er dieselbe Luft immer und immer
wieder einatmen. Nach und nach werden alle guten Bestandteile der Luft
verhraucht, und es bleiben nur die schlechten zurück; der Mensch muß
sterben wie jene Unglücklichen in Kalkutta.
Wo nun verschiedene Menschen schlafen, reicht die Luft für die
Dauer der Nacht auch nicht aus; sie sind also genötigt, dieselbe Luft
immer und immer wieder einzuatmen, so daß diese bis zum Morgen
ganz untauglich für die Lungen ist. Die Erwachenden erheben sich dann
müde und angegriffen, anstatt erfrischt und gestärkt, wie das sein sollte.
Ein kräftiger Mann merkt das wohl nicht; doch schwächliche Frauen und
namentlich Kinder leiden darunter, ohne sich davon Rechenschaft zu geben.
Wie oft hört man die Klage: „Ich stehe eben so müde auf, wie ich mich
hinlegte!“ — Oft mag der Grund dafür der sein, daß die Lungen eine
ungenießbare Luft eingeatmet haben. Und wenn nicht Thüren und Fenster
meist so schlecht schlössen, so stünde es hiermit schliminer. Freilich gewöhnt
man sich an die schlechte Luft und bemerkt sie kaum, so lange man selbst
darin steckt; doch vermindert das ihre Schädlichkeit nicht. Wenn man aus
einem ungelüfteten Schlafzimmer ins Freie tritt und dann wieder zu
demselben zurückkehrt, da merkt man erst, wie schlecht die Atmosphäre ist.
RNelnes Wasser, reine Lust, reine Hant, das sind die—
Hauptbedingungen einer guten Gesundheit.
Da wir die schlechte Luft nicht sehen können, so ist es schwer, uns
klar zu machen, wie verderblich fie ist; allein jene „unsichtbare Luft“
kann einem Menschen eben so sicher den Todesstoß geben, als verseßzte
man ihm einen Schlag auf den Kopf oder einen Messerstich ins Herz.
Die entsetzlichen Unglücksfälle sind uns allen bekannt, welche wiederholt
vorkommen, weil man leider noch so häufig die Unvorsichligkeit begeht,
das Ofenrohr zu einer Zeit zu schließen, wo die Glut im Ofen noch
nicht gehörig ausgebrannt ist. Es entwickelt sich das sehr schadliche
Kohlengas, dessen Gegenwart sich für den Augenblick wenig bemerk—
lich macht. Schlafen Menschen in einem solchen Zimmer, so findet
man sie oft erstickt in ihren Betten. Viele Menschen haben schon beim
Graben oder Reinigen von Brunnen ihr Leben verkloren, indem sie eine
mit einer großen Menge Kohlensäure vermischte Luft einatmeten, wie
solche bisweilen dem Innern der Erde entströmt. Dieselbe Kohlensäure
kolnmt auch in Kellern und Brauereien vor, wo Flüssigkeiten in Gärung
begriffen sind, und die Luft kann an solchen Orten so giftig werden,
daß Menschen, welche hineinkommen, auf der Stelle tot niederstürzen.
Aus solchen Beispielen erkennt man, daß böse Luft kein bloßes Spiel
der Phantasie ist.