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Müßiggange überließet und meinen Befehlen ungehorsam gewesen seid,
trotzet nur nicht auf Stand und Reichtum Eurer Eltern, denn wisset,
Nichtswürdige haben vor mir weder Rang noch Ehre. Und werdet Ihr
nicht fleißige Schüler, so soll keiner von Euch mir wieder vor meine
Augen kommen. Beim Könige des Himmels, ich werde Euch strafen,
wie Ihr es verdient.“ —
Karl der Große war ein eifriger Beförderer des Christentums.
Neue Bistümer, Kirchen und Klöster ließ er gründen. Die Klöster förderten
innerhalb ihrer stillen Mauern nicht nur den Unterricht der Jugend,
sondern sorgten auch für Arme und Kranke, und nahmen Reisende gast⸗
freundlich auf; denn Gasthöfe gab es in damaliger Zeit nur wenige.
Auch beschäftigten sich die Mönche damit, die guten alten Schriften der
Griechen und Römer abzuschreiben — denn damals war die Kunst, Bücher
zu drucken, noch nicht erfunden; — sie schrieben die Geschichten der Länder
und Völker und die Thaten der Heiligen auf, oder sie rodeten die Wälder
aus und machten den Boden urbar — kurz, die Klöster wurden auf
mancherlei Weise nützlich und waren ein wahrer Segen des Landes. —
Auch liebte Karl seine Muttersprache; er arbeitete selbst mit den Gelehrten
seines Hofes an einer deutschen Grammatik und ließ auch eine Sammlung
altdeutscher Heldenlieder veranstalten. Uns ist leider von diesen Bestrebungen
des großen Kaisers nichts überkommen als die deutschen Namen, die er
den Winden (Himmelsgegenden) und den Monaten') gab.
Karl war ein echt deutscher Mann, von starkem Körperbau und
schlanker Gestalt. Er hatte eine hohe, klare Stirn und überaus große,
lebendige Augen, die dem Freunde und Hülfebittenden freundlich, dem
Feinde aber furchtbar leuchteten. In früher Jugend übte er nach
Frankenart seine Körperkraft und wurde der beste Fechter und beste
Schwimmer. Ein Hauptvergnügen war die Jagd, und wenn er seinem
Hofe ein Fest bereiten wollte, wurde eine Treibjagd angestellt. Alles
setzte sich zu Pferde, und nun ging es unter dem Klange der Hörner
und dem Gebelle unzähliger Hunde in lärmendem Jubel hinaus in die
Weite der Wälder, wo die Blüte der jungen Edelmänner sich dann durch
Mut und Geschicklichkeit einander zu übertreffen suchte. Karl mitten
unter ihnen, bestand manchen heißen Kampf mit wilden Ebern, Bären
und Auerochsen. Im Essen und Trinken war er sehr nüchtern. Speiste
er mit den Seinigen allein, so kamen nur vier Schüsseln auf den Tisch.
Ein Wildbretbraten, am Spieße vom Jäger zur Tafel gebracht, war
) Den Januar nannte er den Wintermonat, Februar Hornung, März Lenz—
monat, April Ostermonat, Mai Wonnemonat, Juni Brachmonat, Juli Heumonat,
August Erntemonat, September Herbstmonat, Oklober Weinmonat, Rovember Wind
monat, Dezember Christmonat.