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10. Wandersmann und Lerche.
Wandersmann.
Lerche, wie früh schon fliegest du
jauchzend der Morgensonne zu!
Lerche.
Will dem lieben Gott mit Singen
Dank für Leben und Nahrung bringen.
Das ist von alters her mein Brauch.
Wandersmann, deiner doch wohl auch?
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und wie er schritt mit munterm Gang,
war es so froh, so hell den zwein
im lieben, klaren Sonnenschein.
Und Gott, der Herr im Himmel droben,
hörte gar gern ihr Danken und Loben.
Wilhelm Hey.
11. Das Lerchennest.
Ein Lerchenpaar hatte sein Nest mitten auf die Eisenbahn gebaut,
in eine Ecke, wo zwei Fahrgleise sich kreuzten. Bald lagen vier Eilein
in dem Nest, und das Weibchen saß brütend darauf. Kam ein Zug,
so bückte das Vögelein sein Köpfchen, bis der letzte Wagen vorüber
war, und schaute dann wieder heiter um sich. 5
Endlich waren vier Junge im Nestlein. Nach einiger Zeit setzte
sich eines von ihnen auf eine Schiene. Der Zug kommt heran, die
Alten locken vergebens, das naseweise Ding bleibt sitzen. Da flog
eines der Alten rasch heran, packte das unfolgsame Kind beim Kopf—
büschel und schleuderte es über die Bahn hinaus. 10
Der Bahnwärter, welcher das alles mit angesehen hatte, trug
hierauf die Vögelein samt dem Nest in ein nahes Kornfeld. Die
Alten folgten ihm auf dem Fuße nach und trillerten ihm bald in den
Lüften den Dank für seine Barmherzigkeit.
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