Full text: Weltgeschichte (Cursus 1)

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Meder und Perser. (Zweites großes Weltreich.) 
demselben zu ihnen übergeben. Alles dies geschah. Astyages, welcher 
sich von Harpagus betrogen sah, rückte nun selbst mit einem 
andern Heere den Aufständischen entgegen. Aber er ward von 
ihnen geschlagen und gefangen genommen; doch behandelte Cyrus 
seinen Großvater gütig. 
Nun ward Cyrus König von Medien und Persien zugleich. 
Hiermit aber nicht zufrieden, machte er sich bald zur Unterjochung 
anderer Völker auf. Zunächst galt sein Zug dem lydischen Reiche, 
in welchem der überaus reiche König Crösus herrschte. Nach¬ 
dem er diesen geschlagen und gefangen genommen, ließ er ihn 
auf einen Scheiterhaufen stellen, daß er verbrannt würde. Schon 
lodern die Flammen empor; — da mit einem Male ruft der 
unglückliche König dreimal den Namen S o l o n. Dies macht 
den anwesenden Cyrus stutzig, und so läßt er sogleich das Feuer 
löschen und den Crösus vom Scheiterhaufen zu sich bringen. „Höre 
du" — spricht er zu ihm — „warum riefst du so eben dreimal 
den Namen Solon?" Erst will Crösus hierauf nicht antworten, 
dann aber spricht er: „O wisse, König! Dieser Solon war ein 
sehr weiser Mann Griechenlands. Auf seinen Reisen in fremden 
Ländern besuchte er einst auch mich, und bei dieser Gelegenheit 
fragte ich ihn, wen er wohl für den glücklichsten Menschen auf 
Erden halte. Solon nannte erst einen tapfern, tugendhaften Mann 
Athens, und darauf zwei Jünglinge, die einst, als die Stiere 
ausblieben, die ihre Mutter, welche eine Priesterin war, in einem 
Wagen zum Tempel ziehen sollten, sich selbst vor denselben spann¬ 
ten und sie hinzogen, gleich darauf aber eines sanften Todes 
starben." — Ich ward verdrießlich, daß Solon nicht mir mit mei¬ 
nen unermeßlichen Schätzen den Vorzug gab. Dieser aber ant¬ 
wortete: „„Niemand ist eher glücklich zu preisen, bis 
er den Tod gesehen."" Nie fühlte ich mehr die Wahrheit 
dieser Worte, als in dem Augenblicke, da die Flammen empor¬ 
züngelten, und darum rief ich den Namen „Solon". Cyrus 
ward nachdenklich hierüber, schenkte dem Crösus sein Leben und 
behielt ihn fortan als Freund und Rathgeber bei sich. Hierauf 
unternahm er noch weitere Eroberungszüge, unterjochte Babylon, 
erlaubte den Juden die Rückkehr in ihr Vaterland (536), verlor 
aber in einem Kriege gegen die Massageten am kaspischen Meer 
sein Leben. Die Königin Tomiris des Landes ließ ihm das 
Haupt abschlagen und dasselbe mit den Worten in ein Gefäß 
voll Blut stecken: „Hieran trinke dich satt!" 
Nach Cyrus folgte der grausame Cambyses. Sein Diener
	        
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