Full text: [Mittelklasse, [Schülerband]] (Mittelklasse, [Schülerband])

56 659. Der Feldumgang. — 60. Das blüͤhende Roggenfeld 
59. Der Jeldumgang. 
Nach Franz Grafen von Pocei 
Heute läutet's im Dorfe mit allen Glocken. Die Kirche 
ist prächtig aufgeputzt, und den Hochaltar zieren Blumen⸗ 
sträuße zwischen hohen Leuchtern, auf welchen Kerzen flackern. 
Das Gotteshaus ist gedrängt voll. Vorn sind die Kinder, 
rechts die Männer und links die Frauen und Jungfrauen. 
Auf dem Friedhofe an den geschmückten Gräbern stehen 
noch viele, die nicht Platz in der Kirche fanden. Sie beten 
still, und manche seh' ich weinen. Alsso ist's auf dem Lande 
gebräuchlich, daß, wenn die Lebendigen an Sonn- oder 
Festtagen in die Kirche gehen, der Toten dabei nicht ver⸗ 
gessen wird. 
Jetzt ist das Hochamt aus. Die Prozession zieht aus 
der Kirche durchs Dorf hinaus über Wiesen und Felder. 
Und die Kinder schreiten auch mit und dürfen brennende 
Kerzen tragen oder schöne Blumenbüschel. Unter dem präch⸗ 
tigen Baldachin geht der Pfarrer mit dem Hochwürdigslen in 
funkelnder Monstranz. Vier Evangelien werden gelesen, und 
mmer wird der Segen dabei gegeben. Das gläubige Volk 
niet nieder und betet seinen Heiland an. Welch herrlicher, 
sonniger Tag! Wie die Fahnen an den hohen Stangen durch 
das schöne Blau wehen! Das ist der Feldumgang. 
60. Das blühende Roggenseld. 
Württembergisches Lesebuch. 
Ich ging einmal durch die Saat, es war an einem schönen 
Nachmittage. Stille wie am Sonntag war es um mich her' 
Da trat ich hin zu einem Roggenfelde, das gerade in der Blüte 
stand. Die mannshohen Halme, die von einem sanften Winde 
leise bewegt wurden, erregten zuerst meine Bewunderung. Ich 
sprach bei mir selbst: „Welch ein Wunder Gottes ist doch so 
ein Roggenhalm! Schlank und hoch wie ein Mann steht er da 
Und irigt eine lange, schöne Ähre, die jetzt zwar noch leicht ist
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.