202
die besten, und es heißt auch bei ihnen oft: Der Schein trügt!“
Manche haben eine rauhe Schale, sind aber inwendig doch voll Saft
und Wohlgeschmack, ähnlich den braven Menschen in groben Kitteln
Die Pflaumenbäume hängen oft so voll, daß die Mte die Last
kaum ertragen können und ordentlich froh sind, wenn die Menschen
nur zugreifen. Die Nußbäume warten oft gar nicht darauf; sie
haben Monate lang in der Stille geschafft, öffnen jeht ihre grünen,
bittern Schalen und lassen die süßen Kerne zur Erde fallen. Die
Haselnußsträucher haben ebenfalls ihre Nüsse in Bereitschaft und
lassen sie aus gar zierlichen, grünen Bechern oben heraussehen, damit
die Menschen gleich wissen, was in ihnen steckt. Da kommen die
Knaben und Mädchen und langen zu und knacken, ohne daß es ihnen
die Sträucher wehren. Aber alle Nüsse bekommen sie doch nicht, denn
das Eichhörnchen hat sich auch seinen Teil geholt, um für den kalten
Winter Vorrat zu haben. Im Herbste rauft man auch den nützlichen
Flachs, der fast nicht genug zu loben und zu preisen ist, so gering
er auch aussieht Von der Seide macht man ein gewaltiges Rühmen,
aber der Flachs ist doch der Meister; denn ein seidenes Kleid kann
man gar leicht entbehren, aber nicht ein Hemd.
Von den Schatzgräbern, diesen Betrügern, mag ich nichts hören,
aber die Schatzgräber im Herbste sehe ich mit Lust. Gold und Silber
graben sie zwar nicht aus dem Boden, aber dafür etwas, was tausend—
mal mehr wert ist. Geht in ein Haus, in welches ihr wollt, und ihr
werdet nicht vergebens nach Kartoffeln fragen, wenn ihre Zeit da
ist. Was wollten arme Eltern mit ihren vielen Kindern anfangen,
wenn sie ihnen nicht eine tüchtige Schüssel voll Kartoffeln vorsetzen
könnten! Aber auch die Reichen wissen diese gemeine, unansehnliche
Frucht zu schätzen und sehen sie gern auf ihren Tafeln.
So groß aber auch der Nutzen und Segen der Kartoffeln ist,
so geht es doch bei ihrer Ernte recht still her, und man hört nichts
von Jubeln, Jauchzen und Böllern und sieht nichts von geputzten
Wagen und Menschen. Diese Ehre widerfährt nur der Weintraube
und dem Weine. So ist der Mensch! Alle Achtung vor dem Weine,
er erfreut des Menschen Herz; aber wenn man auf den Nutzen sieht,
so sind doch die Trauben nicht mit den Kartoffeln zu vergleichen.
Nur wenige Menschen können Wein trinken, aber alle können Kar—
toffeln haben. Der Wein hilft keinem hungrigen Magen, aber die
Kartoffeln thun es auf hunderterlei Art. Der Wein hat schon Hun—
derte in das Verderben gestürzt, aber die Kartoffeln haben schon