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12. Drei Paare und Einer.
Du hast zwei Ohren und einen Mund;
willst du's beklagen?
Gar vieles sollst du hören und
wenig drauf sagen!
Du hast zwei Augen und einen Mund;
mach dir's zu eigen:
Gar manches sollst du sehen und
manches verschweigen!
Du hast zwei Hände und einen Mund;
lern es ermessen:
Zwei sind da zur Arbeit und
einer zum Essen.
Friedrich Rũckert.
13. Die drei Brũüder.
Es war ein Mann, der hatte drei Söhne und weiter nichts
im Vermögen als das Haus, worin er wohnte. Nun hätte jeder
gern nach seinem Tode das Haus gehabt; dem Vater aber
war einer so lieb wie der andere. Da wußte er nicht, wie
er's anfangen sollte, daß er keinem zu nahe fräte. Verkaufen
wollte er das Haus auch nicht, weil's von seinen Voreltern
war, sonst hätte er das Geld unter sie geteilt. Da fiel ihm
endlich ein Rat ein, und er sprach zu seinen Söhnen: „Geht
in die Welt und versucht euch und lerne jeder ein Hand-
werkl Wenn ihr dann wiederkommt, wer das beste Meister-
stüũck macht, der soll das Haus haben.“
Das waren die Söhne zufrieden, und der älteste wollte
ein Hufschmied, der zweite ein Barbier, der dritte aber ein
fechtmeisster werden. Darauf bestimmten sie eine Zeit, wo
sie wieder nach Hause zusammenkommen wollten, und zogen
fort. Es traf sich auch, daß jeder einen füchtigen Meister
fand, wo er etwas Rechtschaffenes lernte. Der Schmied mußte
des Königs Pferde beschlagen und dachte: „Nun kann's dir
nieht fehlen, du bekommst das Haus.“ Der Barbier rasierte
lauter vornehme Herren und meinte auch, das Haus wäre sein.